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fluß einheimischer Erzeugnisse in fernen Ländern gegen andere um-
zusetzen. Vermehrung der Bewohner, engeres Zusammenleben, fort-
gesetzter Anbau erzeugten tausend Bedürfnisse, es entstanden Ge-
werbe, Kunstfleiß, ein immerwährender Austausch und es wurden
die Gaben der Natur ausgebeutet, die günstigen Oertlichkeiten be-
nutzt. Längst schon bedurfte die Gesellschaft einer gemeinsamen
Lenkung, bedurfte Gesetze und Einrichtungen. Die Lenkung fand
sich durch friedliche Übereinkunft, häufiger durch Zwang der Mäch-
tigen. Dieser Zwang, oft heilsam für das Ganze, ist zuweilen auch
hemmend und störend für die EntWickelung gewesen. Völker Einer
Zunge fanden sich wohl nach und nach zu Einem Reiche zusammen;
zuweilen hat dies auch nicht gelingen wollen.
Bei den gemachten Aufstellungen ist angenommen, daß keine
Störung von Außen her auf die EntWickelung eines Landes ein-
gewirkt hat. Es können aber auch Nachbarvölker erobernd in das-
selbe eindringen, sich bleibend darin festsetzen und die Art und den
Charakter des einheimischen Volks, so wie seine Einrichtungen nicht
unwesentlich abändern. Eben so kann die Thier- und Pflanzen-
Welt durch Verpflanzung aus anderen Ländern in etwas verändert
werden.
Soll ein Land geographisch möglichst vortheilhaft ausgestattet
sein, so werden folgende Erfordernisse vorhanden sein müssen:
Das Land muß in der mittleren gemäßigten Zone gelegen sein.
Es muß einen gewissen Raum einnehmen, um eine Summe Be-
wohner aufnehmen zu können, die einem Feinde gewachsen sind.
Es muß ein beträchtlicher Theil am Meere gelegen sein, wohin
große Ströme ausmünden, damit Unternehmungen zur See den
Austausch des Ueberflufses erleichtern und regerer Verkehr durch
das Land strömen kann. Die Küste muß nicht zu seicht und wie-
der nicht zu felsig sein, um die Anlage von guten Häsen zu ge-
statten.
Was die Unebenheiten betrifft, so würde ein Hochgebirge dem
Lande zur Zierde gereichen und die Bewässerung vermehren; aber
ein schon ausgedehntes Hochland darf nicht fehlen, damit es von
vielen kleinen und verschiedenen großen und schiffbaren Strömen
durchfurcht zugänglich wird und nicht zu einförmig erscheint. Dann
werden von selbst Fruchtbarkeit und nützliche Erzeugnisse nicht aus-
bleiben. Hochland und Tiefland aber müssen gleichmäßig vertheilt
sein. Zuviel Hochland schadet der Fruchtbarkeit des Landes und
der Schiffbarkeit der Ströme; zuviel Tiefland erzeugt zuviel Sümpfe
und stehende Gewässer. Auch muß das Hochland so liegen, daß
die Ströme noch eine weite Reise ins Meer haben, um das Land
weit hinauf durch Schifffahrt mit dem Meer in Verbindung bringen
zu können.
Geogr. Bilder I. 9te Aufl. *•