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liche Trauben, welche man teils am Stocke trocknen läßt, teils zu Wein 
macht. Das ganze Land ist voll der schönsten Wälder, die ihnen reiche 
Materialien zu einem reichlichen Holzhandel darbieten würden; allein 
sie sind bis jetzt zu träg und zu unwissend, um von ihrem Reichtum 
Gebrauch zu machen. Nichts als Verkehr mit gebildeten Völkern kann 
ihre Gewohnheit in dieser Rücksicht ändern. Allein sie sind von der 
Natur einer hohen Bildung fähig, und besitzen die hochherzigen Gefühle, 
welche bei halbbarbarischen Nationen oft vorhersehen, und immer die 
sicheren Zeichen sind, daß sich in ihnen die Elemente einer großen Ent- 
Wickelung finden. Aber sie bedürfen eines Gesetzgebers, der ihre Lage 
begreift, und ihnen Einrichtungen gibt, welche sie auf eine höhere Stufe 
heben können. 
59. Die Feuer von Baku.* 
Die Stadt Baku oder Badku an der Westküste des Kaspischen Meeres 
liegt in einer reizenden, bergigen Gegend, die seit alter Zeit wegen 
ihrer Naphthaqnellen berühmt ist. Dieses Naphtha oder Bergöl ist 
in reinem Zustande weiß, sehr leicht und flüchtig und höchst entzündbar. 
Ostlich, ungefähr eine halbe Meile von einer der reinsten Ölquellen, ist 
ein besonders merkwürdiger Ort. Er wird Atosch j ah oder Feuer- 
ort genannt. Sowie man sich diesem Ort nähert, empfindet man schon 
einen starken Schwefelgeruch. Der Durchschnitt dieses Feuerortes beträgt 
etwas mehr als eine halbe deutsche Meile, und in der Mitte desselben 
sieht man eine starke gelbblaue Feuerflamme, welche des Nachts in 
vermehrter Größe erscheint. In einiger Entfernung von dieser Flamme 
haben die Geber oder Gueber (das Feuer anbetende Jndier) und 
andere arme Leute kleine steinerne Wohnungen errichtet. Der eine, 
leere Bodenraum, welchen die Mauer einschließt, ist einen Schuh dick 
mit fetter Lehmerde dicht geschlagen, damit die Flamme in diesen Raum 
nicht durchbreche. Wo aber der Wirt des Hauses Feuer nötig hat, 
daselbst hat er Löcher in dem Lehm gelassen, und wer, um seine Speise 
oder Kaffee zu kochen, Feuer bedarf, hält ein brennendes Licht oder 
ein Stückchen angezündetes Papier über die Öffnung und sogleich ent- 
steht eine Flamme, die jeder nach seiner Ansicht.besser als Holz- und 
Kohlenfeuer zu behandeln weiß. Je kleiner die Öffnung ist, mit desto 
größerer Heftigkeit bricht die Flamme hervor. Bei einer Öffnung von 
5 Zentimeter erreichte sie anfangs 1,2 Meter Höhe und fiel hernach 
auf 90 Zentimeter. Braucht man das Feuer nicht mehr, so bedeckt 
man die Öffnung, nachdem man die Flamme mit dem Rockschöße oder 
einem Fächer ausgelöscht hat. 
Ebenso bereiten sich die Bewohner in der Dunkelheit ihr Licht. 
In ein enges, in den Lehm gebohrtes Loch stecken sie ein Schilfrohr 
von beliebiger Höhe, nachdem sie ihm vorher inwendig und auswendig 
einen Überzug von Lehm gegeben haben, und zünden oben den Dunst- 
* Lichtenberg.
	        
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