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möglich machen; denn Pferde wären da nicht zu brauchen, noch weniger 
anderes Zugvieh; wo sollte auch Futter für solche Tiere herkommen? 
Kamtschatka wäre eine traurige Einöde, von den Menschen geflohen; 
aber Gott hat ihnen den Hund geschenkt und mit ihm das ganze Land, 
das durch ihn bewohnbar wird. — Das gewöhnliche Futter der Hunde 
sind verschimmelte, getrocknete Fische, welche der Mensch nicht mehr ge- 
nießen kann, da sie bloß ans Gräten und Knochen bestehen, und von 
denen fast immer den Hunden der Rachen blutet. Sehr oft aber müssen 
sie selbst den Fischer machen. Mit vieler Schlauheit und Gewandtheit 
wissen sie die Fische zu erhaschen, und haben sie eine hinreichende Menge 
gefangen, so fressen sie, gleich den Bären, bloß die Köpfe. - Wird 
der Hnnger zu groß, so steigen sie als entschlossene Diebe auf den Lei- 
tern keck in die Vorratskammern ihres Herrn und zerfressen alles, was 
von Leder ist. Man verdenke ihnen das nicht; denn wer arbeitet, soll 
auch essen. Wenn er dann noch obendrein Schläge bekommt und zn 
einer Arbeit gezwungen wird, die ihm von der Natur nicht bestimmt 
ist, so dars man sich nicht wundern, wenn er auch seine. Natur ver- 
leugnet, mißtrauisch und tückisch gegen den Menschen wird, den er bloß 
als seinen Quälgeist betrachtet. 
Sehr interessant ist es, zu sehen, wie es die Menschen ansangen, 
um aus deu Hunden Zugpferde zu bilden. Man wirft die jungen 
Hunde, so bald sie ziehen können, unbarmherzig in eine dunkle Erdhöhle, 
wo sie so lange eingesperrt bleiben, bis man sie zu einem Versuche für 
tüchtig genug hält. Man spannt sie alsdann mit andern schon ein- 
geübten Hunden vor einen Schlitten, den sie aus Leibeskräften vor- 
wärts ziehen, weil sie von dem ungewohnten Lichte und der Menge 
unbekannter Gegenstände, die sie auf einmal erblicken, wie geblendet 
werden. Nach diesem kurzen Versuche müssen sie wieder in ihren 
dunklen Kerker zurück, und von nun an wird dieses Verfahren so lange 
wiederholt, bis sie zum Zuge geschickt und gelehrig genug sind, den 
Zuruf ihres Führers zu verstehen. Sie werden mittels eines Hals- 
bandes angespannt, das aus zwei Streifen Renntier- oder Robbenfell 
besteht, welche sowohl den Hals umschließen, als auch die Brust hinab 
zwischen den Vorderfüßen durchgehen, und sich oben auf den Schultern 
wieder vereinigen, wo ein sehr starker Riemen angeknüpft ist, dessen 
anderes Ende an den Schlitten befestigt wird. Nur durch List und 
Überraschung gelingt es, die Hunde anzuspannen. Während der Zu- 
rüstuug heben sie die Köpse in die Höhe und lassen ein klägliches Ge- 
heul hören, und sie haben auch recht, ein Trauerlied anzustimmen, 
denn nun beginnt die Sklaverei Doch sobald man abfährt, ist auch 
die Ruhe wieder hergestellt. Dann aber scheinen sie sich untereinander 
in Tücken zu überbieten, um die Geduld ihres Führers zu ermüden 
oder ihn in Gefahr zu bringen. Kommen sie an eine gefährliche Stelle, 
so verdoppeln sie ihre Schnelligkeit, und will man nicht in einen Ab- 
grund oder in einen Fluß gestürzt werden, so ist man nicht selten 
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