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alle häuslichen Arbeiten verrichten, sondern auch zum großen Teil die
schweren Feldarbeiten besorgen. Sie spinnen und weben nicht nur,
sondern Pflügen und säen auch, ja es soll sogar Schmiede unter ihnen
geben; der Weibertagelohn steht daher dort ebenso hoch, wie Männer-
arbeitslohn. Zu so unnatürlichen Verhältnissen führt die despotische
Ausnutzung der ganzen männlichen Kraft des Landes.
Die vornehmen Cochinchinesinnen bieten einige anmutige Züge: sie
haben schwarze Augen, einen zierlichen Mund und namentlich Pracht-
voll langes, schwarzes Haar, dessen Schönheit sie durch Kunst noch
aufzuputzen suchen; überhaupt wissen sie sich recht hübsch zu schmücken.
Durch ihre kleinen wohlgestalteten Ohren stecken sie Zierat von Gold
und Bernstein in Gestalt von Nägeln, um die Arme und ihre zierlichen
Fußknöchel tragen sie silberne Ringe; ihr Anzug ist überhaupt sehr
reich. Auf dem Kopfe tragen sie einen mächtigen gelben Strohhut,
der die Gestalt eines auf den Kopf gestülpten Tellers hat, von dem
eine dicke Tresse gelber Seide mit schwerem Puschel bis auf den Gürtel
herabhängt. Ihre Schultern sind plump und breit, ihr Gang das
Gegenteil von dem graziösen Dahinschreiten einer europäischen vor-
nehmen Dame; sie schlenkern nämlich beim Gehen mit den Armen und
schaukeln mit den Hüften bald nach rechts, bald nach links.
Einen sehr frischen Eindruck macht die aunamitische Straßenjugend,
die sehr anstellig und brauchbar ist. Diese Jungen verdienen sich —
wir sprechen hier allerdings mehr von der französischen Kolonie —
durch allerlei Dienstleistungen bei Europäern erst etwas Geld und
lagern sich dann malerisch wie die neapolitanischen Lazzaroni in den
Straßen oder auf Plätzen, um das Gewonnene bei Karten wieder zu
verspielen. Dabei geraten sie dann sehr leicht in Streit, und nachdem
sie das annamitische Schimpfwörterlexikon erschöpft haben, stürzen sie
in vollster Erbitterung aufeinander los. Aber ebenso schnell, wie
die Kampfeshitze ausgebrochen ist, verraucht sie auch wieder; nach
einigen Stößen ist alles abgetan. So sind Land und Leute beschaffen,
über die Frankreich die Herrschaft erlangen möchte.
20. kapern und leine Bewohner»*
Das japanische Reich hat 8027 Quadratmeilen Flächeninhalt und
wird von 45 Millionen Menschen bewohnt; es besteht aus den fünf
Inseln: Nipon, Sikok, Jesso, Kiusiu und Formosa (letztere
von China abgetreten), welche von einer vulkanischen Bergkette durch-
schnitten werden. In den Gebirgen finden sich häufig heiße Mineral-
quellen; Naphthaquellen sind gleichfalls nicht selten. Die japanischen
Berge erheben sich manchmal vereinzelt, manchmal in Gruppen, und
die Täler münden gemeiniglich in breite, wohlangebaute Ebenen. Die
vielen Flüsse haben einen kurzen, reißenden Lauf.
* Nach W. Heine, Siebold u. a.
Geogr. Bilder II.' 17te Aufl. 4