Metadata: Prosalesebuch für Obertertia und Untersekunda der Vollanstalten oder Klasse II und I der Realschulen (Teil 5, [Schülerband])

Flußufern leben, sind hinsichtlich ihrer Gesittung den Jägern nur 
wenig überlegen. Der Kamps um seine Beute ist beim Fischer nicht 
mit einer besonderen Gefahr verbunden, wie dies beim Jäger oft 
der Fall ist; dagegen hat der Fischer mit einem Element zu kämpfen, 
s das weit gefährlicher und tückischer ist als die wildesten Tiere des 
Waldes. Um diesen Kampf zu bestehen, sind die Fischer auf gegen¬ 
seitige Hilfeleistung, auf gemeinsame Arbeit angewiesen. Bei ihnen 
wird man daher die ersten Spuren geselligen Zusammenlebens zu 
suchen haben. Wohl sind die Fischervölker im allgemeinen seßhaft, 
10 da die Naturquelle, aus der sie schöpfen, nicht so leicht versiegt; aus 
demselben Grunde wird es bei ihnen nicht zu Vernichtungskämpfen 
mit den Nachbarn kommen. 
Bei dem Jäger- wie bei dem Fischervolke beschränkt sich die 
wirtschaftliche Tätigkeit auf die Aneignung der in der Natur vor- 
i5 handenen Dinge, die, ohne erst eine Umgestaltung erfahren zu haben, 
sofort zum Genusse verwandt werden. Das zur Arbeit erforderliche 
Werkzeug — beim Jäger die Waffen, beim Fischer das Fischgerät 
— ist von untergeordneter Bedeutung, da es seiner Art nach höchst 
einfach ist und von jedem leicht hergestellt werden kann. An ein 
so Ansammeln von Vorräten — also an eine Vermögensbildung — 
ist beim Jägervolk gar nicht, beim Fischervolk nur innerhalb enger 
Grenzen zu denken, da die gewonnenen Naturprodukte meist nur 
eine kurze Zeitlang zum Genusse tauglich erhalten werden können. 
Einen höheren Rang in der wirtschaftlichen Gliederung als die 
s5 Jäger- und Fischervölker nehmen entschieden die Hirtenvölker ein. 
Während dem Jäger und Fischer nur das gelötete Tier von Nutzen 
ist, wird vom Hirten das lebende Tier dem Menschen dienstbar und 
nutzbringend gemacht. Er hat gelernt, die Tiere zu zähmen und zu 
züchten, und sein Trachten geht dahin, seine Herde zu erhalten und 
so ihren Bestand zu vermehren. Die Milch und das Fleisch der Tiere 
dienen der Familie zum Unterhalt; in die zur Erhaltung der Herde 
nötige Arbeit teilen sich die Familienmitglieder. Übrigens ist die 
Arbeit weniger schwierig als beim Jäger- und Fischervolk; denn der 
bei weitem größere Teil der Erzeugung fällt der Natur zu, welche 
35 die für die Herde erforderlichen Futterkräuter ohne weiteres Zutun 
der Menschen hervorbringt. Ein Hirtenvolk kann demnach nur dort 
leben, wo die Erde die Futtermittel in hinreichender Menge darbietet, 
d. h. wo gutes Weideland ist. Aber auch der beste Weideboden kann 
nur auf eine Zeitlang für den Unterhalt der durch Züchtung sich 
40 mehrenden Herde ausreichen; ist die Trift abgeweidet, so müssen andere
	        
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