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vorgeschrieben. Das Gesetz sagt, daß der Mandarin erster Klasse so viel, 
der Mandarin zweiter Klasse so viel Ziegel zu seinem Hause ver¬ 
wenden, so viel Säulen an der Vorderseite anbringen, so viel Höse 
haben darf, und nicht mehr. Auch der Kaiser ist in dieser Hinsicht 
beschränkt, auch er ist genötigt, im ersten Stockwerke zu wohnen. Die 
breiten und regelmäßigen Straßen sind mit reich ausgestatteten Läden 
geziert. — So bevölkert und lebhaft auch unsere europäischen Haupt¬ 
städte sein mögen, sie geben doch nur einen unvollkommenen Begriff 
von dem Lärme, der Bewegung und der Menge in Peking. Hier 
findet man endlose Reihen Kamele, die mit den Gütern ferner Länder 
beladen sind, und eine zahllose Menge Wagen und Karren, auf welchen 
Gemüse u. s. w. vom Lande in die Riesenstadt gebracht wird. Un¬ 
geachtet dieses furchtbaren Gewühls in den Straßen und der un¬ 
geheuren Bevölkerung, herrscht in der Stadt die größte Sicherheit und 
Ordnung, weil die Polizei überaus streng ist. — Die Umgebung der 
Stadt ist sehr schön. Ringsum sieht man Getreidefelder und Gärten 
mit wohlriechenden Sträuchern und Bäumen, unter denen prächtige 
alte Cypresseu wie schwarze Säulen auftauchen, zahllose Tempel mit 
glänzenden Ziegeln, malerische Bonzenklöster und große Begräbnis¬ 
plätze mit grünen Baumwipfeln. •— Im Jahre 1662 begrub ein Erd¬ 
beben in Peking 300000 Einwohner, und 70 Jahre später kamen 
100 000 aus dieselbe Art ums Leben. 
Das größte Festungswerk, das je Menschen erbaut haben, ist un¬ 
streitig die 300 Meilen lange Mauer, welche etwa 260 Jahre vor 
Christi Geburt von den Chinesen errichtet wurde, um die nördlichen 
Provinzen des Reiches vor den Einfällen der Tartaren sicher zu stellen. 
Dieses ungeheure Bollwerk besteht eigentlich aus zwei Mauern, deren 
Zwischenraum mit Schutt und Erde ansgefüllt fit. Die Höhe beträgt 
8 und die obere Dicke 5 Meter. In gewissen Entfernungen trifft 
man große Thore an, die durch Schanzen geschützt werden, und alle 
100 Meter erhebt sich ein hoher Turm. Der Hauptturw und das 
Hauptthor sind eingestürzt und auch an vielen andern Orten finden sich 
bedeutend schadhafte Stellen, welche jetzt nicht mehr ausgebessert werden. 
12. Die Arzeneikunde in China. * 
In China giebt es keine medizinische Fakultät, sondern jeder, 
welcher Lust und Keckheit genug besitzt, kuriert darauf los, ohne daß 
die Regierung es ihm verbietet. Daher ist es in China etwas sehr 
Gewöhnliches, daß Leute, deren Geschäft nicht glücklich ist, unter die 
Ärzte gehen, z. B. in Deutschland brotlos gewordene Handlungsdiener 
unter die Gelehrten. 
Es soll aber damit keineswegs gesagt sein, daß das Geschäft 
der Heilkunde auch gefahrlos auszuüben sei. — Jeder, der nach 
chinesischen Begriffen ein Stümper ist, setzt sich eben so der Gefahr 
Illustriertes Familien-Journal.
	        
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