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Eine Wegstunde nordwestlich liegt Za an dam, sahndamm (24000
Einw.), berühmt durch den Aufenthalt Peters d. Gr., der sich hier auf
den damals berühmten Werften mit dem Schiffsbau bekannt machen
wollte. Seine Holzbaracke ist Eigentum des Kaisers von Rußland;
sie wird durch einen schönen Steinbau, der sie umschließt, geschützt:
Ebensoweit von Amsterdam nordöstl. liegt das wegen übertriebener
Reinlichkeit bekannte Dorf Broek, bruk, welches ein Villenort reicher
Kaufleute geworden ist. „Für jeden Besucher stehen Filzpantoffeln,
die man über die Schuhe zieht, bereit. Selbst die Kuhställe sind mit
Marmorplatten ausgelegt und so sauber, daß sie wie Wohnstuben aus¬
sehen." Doch hat sich in neuerer Zeit schon manches geändert. Nörd¬
lich liegt Edam, berühmt durch den Edamer Käse, der in Form großer
rot- und gelbgefärbter Käsekugeln in alle Welt geht.
Westlich von Amsterdam liegt Haarlem (75000 Einw.), eine
schöne, freundliche Stadt, blühend durch ihre Blumenzucht. Furchtbar
hat die Stadt einst durch die Spanier zu leiden gehabt. Als sie (1573)
nach siebenmonatiger Belagerung fiel, wurden alle Soldaten und 2000
Bürger hingerichtet. Im 17. Jahrhundert wurden für schöne Blumen¬
zwiebeln überaus große Summen, bis 4000 Franken für eine Tulpen¬
zwiebel, gezahlt. Noch heute werden Blumenzwiebeln, Tulpen, Krokus,
Narzissen, Anemonen u. a., bis nach Amerika versandt. Im Frühling
bieten die weiten Blumenfelder einen herrlichen Anblick, und köst¬
licher Duft erfüllt die Lüfte. Große Fruchtbarkeit ist auch im Ilaar-
lemer Polder, das sich südöstl. von Haarlem in der Richtung nach
Leiden erstreckt und durch Eindeichung und Trockenlegung des fast
200 qkm großen Haarlemer Meeres im vorigen Jahrhundert gewonnen
ist. Wo bis dahin Wasserwogen trieben, wohnen hfeute 18000 Menschen
in freundlichen Dörfern, umgeben von fruchtbarsten Feldern rund
üppigen Wiesen.
Südl. liegt Leiden (58000 Einw.) am Alten Rhein, der wegen
Versandung der Schiffahrt nur noch wenig dient. Im Mittelalter war
die Stadt ein wichtiger Hafenplatz, der Mittelpunkt der holländischen
Weberei und der Sitz einer berühmten Universität. Sie zählte damals
fast doppelt so viel Einwohner als jetzt. Als 1574 die Belagerung der
Spanier die Stadt in größte Bedrängnis gebracht hatte, ließ Wilhelm
von Oranien zur Rettung die Deiche durchstechen.
Eine kleine Wegstunde vom Meer entfernt liegt der Haag (260000
Einw.), die drittgrößte Stadt des Landes, die Residenz. Hier war einst
ein Jagdsitz der Grafen von Holland — daher der Name „des Grafen
Gehege , s Gravenhage. Erst Ludwig Bonaparte hat als König von
Holland „dem größten Dorf Europas" Stadtrechte gegeben. Mit seinen
breiten Straßen, weiten Plätzen, schattigen Spazierwegen und freund¬
lichen Villenvierteln macht es den Eindruck einer neuen nichthollän¬
dischen Stadt. In der Haager Galerie finden wir u. a. Rembrandts be-
Oppermann u. Pottag, Präp. Bd. I. 20