Denkschriften des Fürsten Kaunitz. — Toleranzpatent 1781 25
E. Die Vermehrung der eigenen Kriegsmacht ist nicht allezeit das rechte
Mittel, um dem Feind überlegen zu seyn; viel besser ist dieser Endzweck
durch die Verminderung der feindlichen Macht und Refourcen zu erreichen—
F. Kein Hof ist so schwach und klein, welcher [nicht] wo nicht unmittelbar
und durch sich felbsten, jedoch mittelbar und durch andere nutzen oder schaden
sonn; Dahero auch feiner ohne Noth und erhebliche Ursache zu beleidigen,
sondern mit allen, so viel es thunlich, ein gutes Vernehmen zu unter¬
halten ist.
G. hätte der König in Preußen bald die überzeugenste Probe gegeben,
wie nachtheilig und gefährlich es für einen Souverainen seyn sönne, wenn
(Er einen (lonqueranten vorstellet und despotisch zu Werke gehet, keine Treu
und Glauben haltet und andurch andere Höfe zu gemeinsamen Maßneh¬
mungen und Verbindungen anfrischet. ...
H. Indeßen ist sonder Zweifel für einen Staat das ersprießlichste und
sicherste, wenn er feine Stärke und Vergrößerung in sich felbsten durch
Beförderung des Nahrungsstandes zu erhalten suchet. .. .
I. Ist es allezeit einem verünftigen Betrag, besonders aber dem Gester-
reichifchen Staatsinteresse gemäß, freie Hände zu behalten, und sich so
wenig als möglich in Tractaten und Allianzen zu verwickelen; welche
Staats - Maxime ich feiter meinem Ministerio gegen das Beyspiel meiner
Vorführer so genau befolget habe, daß nur die Französische und Pohlnische
Tractaten von mir unterzeichnet worden. .. .
(S. 78: Speziale Staatsgrundsätze.) I. Durch den unverschmertzlichen
Verlust Schlesiens hat nicht nur das Österreichische, sondern das ganze
Europäische Staats-Systeme eine andere Gestalt gewonnen, vorhin wäre
Brandenburg kaum unter die Mächten der zweyten Classe, und meistenteils
unter die mindere Oesterreichische ctlliirten zu zählen. Dermalen ist es der
gefährlichste Nachbar und heimliche Feind. Die Ursachen der Gefahr sind
ohnehin bekannt, und die heimliche Feindschaft gründet sich auf die Selbst-
erhaltung, beständige Vergrößerungs-Begierde, und auf das böse Gewißen,
welches das Wiedervergeltungsrecht zu besorgen hat.
hieraus ergiebet sich von felbsten, daß zwar in so lang, als es die
Umstände anrathen, mit aller Mäßigung, und äußerlichem guten Ver¬
nehmen gegen Preußen zu Werke zu gehen, aber diesem Hofe niemalen
und in keinem Fall vollkommen zu trauen, sondern unsere größte Auf¬
merksamkeit, Bearbeitung und politischer Betrag gegen Preußen zu richten
und nach diesem Grundsatz unser gantzes Staats-Systema auszumeßen sey
3. Das Toleranzpatent. 1781.
Häufig abgedruckt, hier nach Loesche, Don d. Duldung zur Gleichberechtigung
(Jahrb. d. Ges. f. d. Gesch. d. Protest, in (Vsterr. 32. u. 33. 3hg.) S. 655 ff.
£ln gesamte k. k. Länderstellen. Liebe (Betreue! Überzeugt einerseits
von der Schädlichkeit alles Gewissenszwanges und anderseits von dem großen