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Bald tragen wir sorglich das Pflänzchen hinein;
Dann schmückt es den Rocken mit silbernem Schein.
Wir singen zum tönenden Rädchen uub drehn
Die Fädchen wie Seide so glatt und so schön.
Wenn draußen die Felder erstarren voll Eis,
Dann rüst uns das Pflänzchen zum traulichen Kreis.
Jetzt blühend und grünend ergötzt uns sein Glanz;
Dann schlingt es uns selber zum blühenden Kranz.
Drum kommt in die Felder und blühenden Aun,
Das blühende Pflänzchen der Mädchen zu schalln!
Es grünet und blühet so freundlich und zart.
Jungfräulich bescheiden in eigener Art.
21. Das Gold.
Das Gold ist das bekannte edle Metall, welches allemal obenan zu
stehen pflegt , wenn die Schätze und Reichthümer dieses Lebens aufgezahlt
werden. In frühern Zeiten diente es vorzüglich, um Zierrath und kostbare
Gerüthe daraus zu verfertigen. Damals war es Handelsware und wurde
nicht mehr, nicht weniger gesucht, als Seide und Perlen und andere kostbare
Stoffe, womit die Menschen sich und ihre Umgebung schmücken. Aber das
änderte sich rasch, seit man anfing, die kostbaren Metalle zu Münzen auszu¬
prägen. Aus der „Ware" wurde „Geld" , d. i. das Mittel des Verkehrs
und das Maß für jeden Besitz. Und unter dem Gelde wiederum war nichts
so werthvoll, als das Gold. Wer Gold hatte, konnte alle sonstigen Güter
und Ergötzlichkeiten der Welt mit leichter Mühe erkaufen. So geschah es, '
daß das Gold der „Schatz" von allen Schätzen und von den irdischen Gü¬
tern am höchsten geachtet wurde.
Das Gold war nur der Stellvertreter alles irdischen Besitzes und Gold
zu verdienen der Preis alles irdischen Suchens. Aber nicht alle hatten es
so leicht reich zu werden, als die alten Römer, welche in den unterjochten
Ländern das Gold nahmen, wo sie es fanden. Die meisten Menschen sollten
in Mühe und im Schweiß Geld erwerben und in Sparsamkeit das Erwor¬
bene zusammenhalten. Und das war gar nicht nach ihrem Sinn. Deshalb
kamen im Mittelalter kluge Leute auf den Gedanken , ob es nicht möglich
sei, das Gold künstlich herzustellen, ebenso, wie man aus Kupfer und Zinn
die goldglänzende Bronze und aus Kupfer und Zink den blanken Messing
bereitet. Jahrhunderte lang haben die Menschen Fleiß und Geld darauf
gewandt, Gold zu machen; aber alle ihre Mühe war umsonst; denn Tom¬
back bleibt Tomback und wird nimmer Gold. Als Amerika entdeckt war,
schien endlich die ersehnte Zeit gekommen zu sein, da jedermann ohne Arbeit
reich werden könnte. In der neuen Welt, hieß es, kann man die Goldklum¬
pen vom Felde lesen, wie bei uns die Steine vom Acker. Hunderttausende
strömten nach Amerika , um Schätze zu sammeln und glücklich zu werden.
In der Folge wurden noch andere Goldländer aufgefunden , und jedesmal
wiederholte sich das betrübende Schauspiel, daß Tausende dorthin eilten, um
ihre Gier nach Gold zu stillen- Seit den vierziger Jahren geht der Zug
der Goldsucher nach Californien und Australien. Gelöscht ist also der Durst
noch keineswegs. Es ist auffallend , aber wahr: sein Kornfeld kann der
Mensch mit uneigennütziger Freude betrachten und den Ertrag als Segen
von Gott mit Dank hinnehmen; aber sein Gold wird ihm sofort zum „Psam¬
mom", wenn er aufhört, Acht zu haben auf sich selbst.
Und was für Segen hat denn ein Land, dessen Einwohner ihr Geld