Full text: Heimatkunde von München und Umgebung in Wort und Bild (Bd. 1)

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Heute kam Onkel Joseph und Du kannst Dir seine teil- 
nehmenden und zürnenden Reden wohl vorstellen. „Könnte 
ich nur dem Bengel, der das verschuldete, Dein Unglück als 
Strafe anzaubern", grollte er. „Aber natürlich, die Schul- 
jugend — denn ein Unerwachsenes muß es bei ihm unter allen 
Umständen gewesen sein — hat in Mappen und Tasche» Platz 
für allen möglichen unsinnigen Kleinkram. Aber eine Tüte 
oder eine Dose für die Schalen von Äpfeln, Orangen, Bananen, 
Kastanien oder Nüssen ist nicht unterzubringen. Um den Ord- 
nungs- und Sauberkeitssiuu ists so schlecht bestellt wie um die 
Rücksicht auf den lieben Nebenmenschen." „Na, zu lachen braucht 
der Mnsjö noch lange nicht," fuhr er mich au, „die Sache 
ist elend ernsthaft." Ich hatte nämlich losplatzen müssen. Er 
hatte sein buschiges Haar im Zorne gar zu übel zugerichtet. Eiu 
Blick aber auf Großmutters schmales, blasses Gesicht machte 
meiner Heiterkeit ein schnelles Ende. 
„Was ärgeru mich nur oft," fuhr Onkel fort, „die Papier- 
fetzen und sonstiges weggeworfenes Zeug auf den Straßen uud 
noch mehr auf den Rasenplätzen der Anlagen. Da, wo man 
sich gerne an einem Stückchen Natur mitten in den Großstadt- 
maueru erfreuen möchte, verderben schmutzige EinWickel- und 
andere Papiere, Stücke von Drachen-, Wagen- und ähnlichen 
Schnürenzeug und Wollfetzen im Verein mit Wursthäuten und 
den Zigarrenstummeln uuerzogeuer Erwachsener das schöne 
Bild?" „Noch mehr," fiel ihm der Vater ins Wort, „empört 
es mich, wenn ich sehe wie Ausflügler, leider auch Kinder bei 
ihren Schülerwanderungen oder selbständigen Turnfahrten ge- 
leerte Flaschen auf den Boden werfen und die Scherben an 
ihren Rastplätzen auf Bäukeu oder im Rasen liegen lassen. Ein 
Schnitt in Fuß, Bein oder Hand eines nichtsahnenden Nach- 
folgers, der hier ruhen möchte, ist noch der geringste Schaden; 
aber eine Blutvergiftung ist wegen der an den Gläsern haf¬ 
tenden Unreinlichkeit durchaus nicht ausgeschlossen und kann 
den Verlust eines Gliedes oder den Tod nach sich ziehen." 
„Ja, ja", seufzte Onkel Joseph auf, „was du nicht willst, das 
man dir tu, das füg auch keinem andern zu und versündige dich 
nicht durch Fahrlässigkeit an Leib uud Leben des Nächsten!" 
Du wirst wohl baldigst kommen nach unserer Leidenden 
zu sehen. Ich rechne, daß der Brief morgen früh in Deinen 
Händen ist. Ich trage ihn jetzt sofort auf die Post und auf 
dem Heimweg wird ein Teil meines Taschengeldes in einer 
Frühstücksdose aus Blech augelegt, die ich bei Ausflügen zur
	        
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