Full text: Heimatkunde von München und Umgebung in Wort und Bild (Bd. 1)

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scharfen Augen nach der Türe spähend. Die Pupille ist jetzt 
im Tageslicht zu einer engen Spalte zusammengezogen, um 
das lichtempfindliche Auge gegen zu starken, grellen Schein 
zu schützen. Sie hat dort ein Geräusch gehört, ganz leise und 
entfernt nur, aber ihren feinen Ohren ist sogar das leichte Huschen 
der Maus selbst während des Schlafes vernehmbar. Die beweg- 
lichen Ohrmuscheln, die Zeichen ihres scharsen Gehörs, fangen 
jeden Schall auf und die Katze weiß sofort, woher, von wem und 
in welcher Entfernung Gefahr droht oder eine Beute zu holen 
ist. Diesmal scheint es ein fremder Schritt zu sein, der Miezchen 
aufschreckt. „Bleib nur ruhig," tröstet die kleine Besucherin, 
„es geschieht dir und deinen Jungen gewiß nichts. Du brauchst 
dich nicht zu plagen, sie im Maul in ein sicheres Versteck zu 
tragen wie voriges Jahr. Wie lange haben wir euch da gesucht!" 
Mit den Kätzchen ging es nach den Worten des Versleins: 
„Und sie wurden gar schön und groß." Die hübschen Farben, 
die das Fell der Hauskatzen im Laufe der Jahrtausende erhalten 
hat, zierten auch unsere vier zahmen Genossen und ähnelten 
in nichts den Wüstenfarben des Haares ihrer Stammeltern. 
Denen, die in Freiheit lebten, war ein Schutzkleid notwendig, 
das ihreu Nachkommen, die in Hut und Pflege der Menschen 
stehen, entbehrlich geworden ist. Mit dem Wachstum nimmt 
auch Kätzchens Selbständigkeit zu, sehr zum Vorteil der Alten, 
die nicht lange für den einen Wurf sorgen können. Zweimal 
im Jahre kommen neue Mitglieder der Katzenfamilie zur Welt 
uud 4—6 solcher Ankömmlinge wollen gefüttert und gepflegt 
sein. Das Töchterchen des Hauses hatte die Namen sehr glück- 
lich der Eigenart ihrer Träger angepaßt. 
Sammetfell saß gern auf dem Schoß. Besonders abends, 
wenn sich die Bewohner des Hauses im warmen Zimmer ver- 
sammeln, ist Sammetfell zur Stelle, geht wie prüfend von 
einem zum auderu, den zierlichen Körper an die Kleider drückend 
und sich schmeichelnd an Knie und Fuß reibend. Hat es die 
Persönlichkeit festgestellt, auf deren Schoß es am weichsten und 
wärmsten zu liegen glaubt, so springt es in die Höhe und macht 
sich's behaglich. Es rollt sich eng zusammen, beinahe wie ein 
haariger Knäuel sieht es aus. „O du Friermiezchen," lacht das 
Kind es aus, „du huschelst dich ja zusammen wie wir im dicken 
Winter!" „Laß es nur liegen wie ihm's recht scheint," sprach 
der Vater. „Es will möglichst wenig Lust an sich heraukommeu 
lassen, dami^ ja kein Gefühl von Kühle oder Kälte aufkommt!" 
„Hier im Zimmer friert man doch wahrlich nicht," siel der
	        
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