— 85 —
nicht so leicht und schnell ändern und schießest als schwerfälliger
Hund noch ein gutes Stück geradeaus, während der Hase ge-
schwind nach links oder rechts abgebogen ist. Jetzt geht es
wieder geradeaus, wieder auf, wieder ab. Das Überschlagen
macht ihm, scheint es, keine Not. Er ist gar schleunig wieder
auf den Beinen. Wozu hätte er auch die starken Krallen der
Zehen, wenn er sich damit nicht in die Unebenheiten des Bodens
stemmte! Verachte mir aber „Meister Lampe" nicht, weil er
so schnell das „Hasenpanier" ergreift. Gar zu viele stellen
dem armen Springinsfeld nach: Katzen, Marder, Füchse, Uhus,
Raben, Krähen, Habichte und noch manch andere Tiere. Nicht
zum wenigsten hat er den Jäger mit seinen Hunden zu
scheuen. Ein Hasenbraten ist eben ein gar zu verlockender
Leckerbissen; auf unferm Tisch nicht nur eine wohlschmeckende
sondern auch eine besonders nahrhafte Speise. Ist der
Pelz auch nicht wertvoll, so läßt er sich doch beim Kürschner
verarbeiten, und Filz und Hüte aus Hasenhaaren werden
nicht ungern gekauft. Seinen vielen Feinden steht Häslein bei-
nahe wehrlos gegenüber. Kein Wunder, daß es ein solcher
„Furchthase" ist und sich beim hellen Tageslicht am liebsten in
seiner versteckten Wohnung aufhält, in einer selbst gescharrten
flachen Grube, wo es Halm und Kraut decken oder im Korn-
oder Rübenfeld. Der Waldhase kann sich leichter zwischen Busch
und Strauch verbergen, dem Feldhasen ginge es auf seiner freien
Fläche oft schlecht, hätte sich nicht die Natur seiner erbarmt und
die braungraue Farbe seines Felles dem Boden täuschend ähn-
lich gemacht. Besonders im Liegen, wo die weiße Farbe des
Bauches und die weiße Unterseite der „Blume", des kurzen
Schwanzes, verschwindet, ist er für menschliche Augen oft in
nächster Nähe nicht erkennbar, da er sich laut- und regungslos
geduckt hält, bis der Gegenstand der Furcht in genügender
Weite ist.
Wenn es dunkelt oder Nacht ist, beginnt Häsleins gute
Zeit. Der Kohl- und Rübenacker sind seine Festtafel, aber auch
anderes, was auf dem Felde wächst, verschmäht es nicht. Es
muß sich in den günstigen Wochen schadlos halten für des
Winters hartes Entbehren. Da heißt es nms tägliche Brot
arbeiten und den dicken Schnee, der Saat und junges Grün
deckt, mit Pfoten und Krallen wegscharren. Ist aber der Schnee
zu hoch oder oben zu Eis gefroren, kommen bittere Hungertage
und Hunger tut weh. Da kann man es unferm Lampe doch
wirklich nicht verübeln, wenn er nimmt, wo und was er findet