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ein besonderes Amt, und sie genossen lange besondere Vorrechte. Starb
ein Sattelmeier, so wurde ein gesatteltes Pferd hinter dem Sarge her-
geführt. — In seinem hohen Alter kam Wittekind auf den Einfall, die
Anhänglichkeit seiner Untertanen zu erproben. Er ließ die Nachricht von
seinem Tode verbreiten. Nun mußte es sich Zeigen, wer ihm gern und
willig das letzte Geleit geben würde. In einem Saale der Burg stand der
verschlossene Sarg. Bald drängte sich um ihn eine überaus große Menge
der Leidtragenden. Da trat der Totgeglaubte fröhlich und gesund unter
sie, dankte ihnen für ihre Treue und Liebe und machte die Güter aller,
die gekommen waren, frei von Steueru. Einer aus der Nähe von Bünde
kam nachgelaufen. Er wurde auch zehntfrei; sein Hof aber heißt bis auf
den heutigen Tag „Nalop".
Wittekind starb auf seiner Burg Babilonie bei Lübbecke.
Von dort trugen ihn die Sattelmeier uuter dem Wehklagen des
Volkes nach Enger. In der dortigen Kirche wurde er begraben'
noch heute ist sein Grabmal auf dem Chor zu sehen. Als das
Kloster des heil. Johannes, das sich zu Enger befand, im Jahre
1414 nach Herford verlegt wurde, kamen auch die Gebeine
Wittekinds nach dort. Sie blieben in der Stiftskirche St. Jo-
Hann auf der Neustadt über 400 Jahre. Enger wünschte aber
die Rückgabe, und König Friedrich Wilhelm III. befahl, sie
wieder dahin zu bringen. Man fertigte einen kleinen, schönen
Schrein an, legte die Knochenreste hinein und brachte sie 1822
feierlich und unter königlichen Ehren von Herford nach Enger
zurück. Dort sind sie noch zu sehen. Um das Andenken an
den Sachsenhelden wach zu halten, wurde angeordnet, daß jähr-
lich an seinem Sterbetage, am 6. Januar, eiue Begräbnisfeier
und ein Trauergottesdienst sollte gehalten werden. An diese
Feier knüpften sich mancherlei Gebräuche. Geblieben von allem
ist, daß die Schulkinder Semmeln bekommen, die von ihrer Form
„Timpenstuten" heißen. In neuerer Zeit hat mau in Enger
ein Standbild Wittekinds errichtet.
Südlich von Enger liegt am Johannisbache das große
Kirchdorf Schildesche. Es ist einer der ältesten Orte im Ravens-
berger Lande. Schon Wittekind soll daselbst aus dem sogen.
„Kapellenbrinke" seiner Schwester eine Kapelle erbaut und sie
öfter besucht haben. Östlich von Schildesche führt die Eisenbahn
mit einem schönen Viadukt von 28 hohen Bogen über das
Tal des Johann isbaches.
Noch heute führt von Enger nach Schildesche ein schmaler Pfad, der
„Hasenpad" genannt, von dem es heißt: „Dat is de Hasenpad, den
König Wekink trad". Hase soll der Diener des Königs gewesen sein, den
er öfter nach Schildesche schickte. Wahrscheinlich bezeichnet der Name
„Hasenpad" nur einen schmalen Weg, auf dem eben ein Hase laufen