Full text: Lesebuch der Erdkunde

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XV. Montenegro. 
§ 456. Früher war die Bulgare! der Wohnsitz eines keltischen Völkerstammes 
der Skordisker, und hieß unter den Römern Mösia. Die Bulgaren (Bulgaren), 
die von der Wolga kamen, wo ihre alte Hauptstadt B u l g a r y in neuerer Zeit 
südlich von Kasan aufgefunden wurde, sind ein ursprünglich finnisches Volk, das 
aber mit Slaveu verschmolz, auch eine slavische, mit der russischen nächst verwandte 
Sprache redet. Sie gründeten um 680 n. Chr. ein eigenes Königreich, das den 
Byzantinern viel zu schaffen machte, wurden seit 863 christianisiert, gerieten aber 
1392 unter türkische Oberherrschaft. Allmählich kam das Volk sehr herab; neuerer 
Zeit verlangte es aber wieder selbständig zu werden, nicht bloß vom türkischen Druck, 
sondern auch von der seit 1776 aufgedrungenen griechischen Geistlichkeit, welche sie 
tyrannisierte und alle slavischen Bücher vernichtete. Durch den Frieden von Berlin 
(S. 482) ist das Volk seinem Ziele nahe gekommen, indem Bulgarien einen eigenen 
Fürsten erhalten hat (den Prinzen Alexander von Battenberg), der aber unter der Sonze- 
ränetät der Pforte steht, d. h. ihr tributär ist. Allmählich wird die sonst überall 
gehörte türkische Sprache vom Bulgarischen zurückgedrängt. Die Bulgaren sind 
kräftig, von hohem Wuchs und stolzem Blick, jedoch mehr duldend uud gutmütig, 
dabei mäßig, arbeitsam, religiös und sehr gastfrei; dem Feldbau vorzugsweise 
ergeben, bewässern sie sogar ihre Felder und Wiesen, und schneiden ihre Ernte beim 
Schalle der Musik; jedermann hilft mit, ohne Lohn, zum Vergnügen. 
Außer den 10 Festungen, die aber geschleift werden sollen und wovon Widdin 
(14000 E.), Rustschuk (27000 E.) und Silistria (11000 E.), zugleich Handelsstädte sind, 
ist die Hauptstadt Sofia zu merken, das Moskau der Bulgaren, in der weiten, von Ge- 
birgen umschlossenen fruchtbaren Thalebene des Jsker, der zur Douau fließt, am Nord- 
fuße des Balkan, und an der Hauptstraße von Belgrad nach Konstantinopel, befestigt, 
mit 21000 E., uud viel Gewerbe und Handel. Tirnow a an der Jautra (12000 E-), 
im S. von Rustschuk, ehemalige Resideuz und reiche Wallfahrtsstadt; und Rasgrad 
(11000 E.) am Ak Lom zwischen Rustschuk uud Schumla. 
XV. Das Fürstentum Montenegro. 
§ 457. Das 164 Q.-M. (9030 qkm) große Ländchen, dessen wildes, aber tapferes 
Volk Jahrhunderte lang sich der Türken erwehrte, heißt eigentlich Tscher nagora 
(Czrnagora), d. i. schwarzer Berg, von dem düstern Charakter des Landes und der 
dunkeln Farbe seiner Berge; dasselbe bedeutet der italienische Name Montenegro und 
der türkische Kara Dagh. 
Dieses Gebirgsland ist die letzte Fortsetzung der dalmatischen und kroatischen 
K a r st g e b i r g e. Vom Adriatischen Meere ans bäumen sich die Felsen wie Rieseu- 
gemäuer auf. Wilde, kahle und dürre Gebirge des Höhlen- und Trümmerkalks, 
mit unsäglich vielen Steinblöcken und Felsknorren, von rauhen Felswänden und 
Abgründen durchschnitten, voll Schlupfwinkel, aber ohne Wasser und Quellen; in 
einem Steinloch 'etwas Regenwasser, an geschützter und Erde tragender Stellung 
etwas Waldung. Nach innen gegen O. fallen die rauhen Berge allmählich ab und 
verlieren sich in die waldreicheren Thäler und fruchtbaren Ebenen, die das Becken 
des Sees von Skntari umgeben, dem die wenigen Gewässer des Ländchens zuströmen. 
Wie dieses Gebirge im W., so erhebt sich nicht weniger wild und hoch im N.-O. der 
Hauptzug der dinarischen Alpen gegen Bosnien mit dem 2600 m hohen
	        
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