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und übertrifft es an Fruchtbarkeit der Vegetation. Dagegen war es
weniger geeignet, ein Seevolk heranzuziehen, da es im Grund wenig
günstige Küstennmrisse und keine recht schiffbaren Flüsse bietet. Auf
den Ackerbau — nebst der Viehzucht in den Gebirgstälern — wies es
seine Bewohner zumeist hin. Politisch angesehen zerfiel es in drei Teile:
1) Oberitalien, wozu neben den Gebieten der Ligurer, Veneter, Jftrer
vor allem Gallia cisalpina gehörte, im Süden begrenzt von Macra und
Rubico; 2) Mittelitalien, wozu im Westen Etrnrien, Latinm, Cam-
panien, im Osten Umbrien, die Gebiete der Sabiner und der ver-
wandten Völker, Samninm, 3) Unteritalien, wozu im Westen Lu-
kanten und Bruttium (jetzt Kalabrien), im Osten Apulien und Kala-
brien gehörten. Von den umgebenden Inseln hat das schon in der
griechischen Geschichte bedeutsam auftretende 25 500 qkm große Sizilien
am meisten in die Geschichte eingegriffen, viel weniger Sardinien und
Korsika.
Ii. Bewohner. In Italien wohnten zur Zeit der Anfänge von
Rom eine ganze Reihe von Völkerschaften. 1) Den Römern stamm¬
fremde Pölker waren außer den Lignrern, Venetern und Jstrern nament
lich die Etrusker, die Gallier und die Griechen, a. Die Etrusker, die
sich selbst Rasennä nannten und deren Herkunft im Dunkel liegt, wohl
mit den Rätern verwandt, waren ursprünglich in Oberitalien ansässig
und breiteten sich dann in Mittelitalien ans, bis sie in dem nach ihnen
benannten Land zwischen Arno, Tiber und Meer ihr Hauptgebiet hatten.
Früh entwickelte sich bei ihnen die Seefahrt (daher der Name des etruo-
tischen oder tyrrhenischen Meeres). Von den Griechen angeregt, zeigten
sie eine bedeutende Höhe der Kultur; sie waren geschickt in Töpferei,
Erzguß, Metallbearbeitung, besonders in der Baukunst, von der noch viele
Reste kolossaler Bauten Zeugnis geben. Sie bildeten in ihren Haupt-
qebieten einen losen Bund von 12 Städten, in denen ein mächtiger
Priesteradel herrschte. Das Bundesoberhaupt war trotz seiner Jnsignien,
die später zu den Römern übergingen (der elfenbeinerne Stuhl, sella
curulis, die purpurverbrämte Toga, die 12 Amtsboten oder Liktoren mit
Beil und Rutenbündel) ohne große Macht. Ihre Religion war reich an
schreckhaften Vorstellungen, und in abergläubischer Scheu haben sie be¬
sonders die Kunst, aus dem Vogelflug, den Blitzen und den Eingeweiden
die Zukunft zu erkennen, ausgebildet. Den Römern hat das genußsüchtige
Volk noch manches (Zirkus, Theater, Gladiatoren, Triumphe) übermittelt.
Zuzeiten das mächtigste Volk Italiens, dessen Gebiet von den Alpen
bis zum Tiber, von Nizza bis zum Adriatischen Meer reichte, sanken sie
später, von Galliern, Griechen, Römern bekämpft, rasch von ihrer Höhe,
b. Daneben fanden sich noch im Norden und Süden Eindringlinge, im
Norden die (Mlier oder Kelten, die die Etrusker aus Oberitalien ver-
trieben und in verschiedenen Stämmen dort sich niederließen, c. Geschah
dies erst gegen Ende der Königszeit, so waren dagegen seit Jahrhunderten
schon die Griechen in Italien angesiedelt. Doch wurden diese griechischen
Städte von den sabellischen Lukanern und Brnttiern immer mehr ein-
geengt. Tarent behauptete am längsten seine Macht. 2) Die übrige
Bevölkerung bezeichnet man mit dem Namen der Jtaliker. Dieser Zweig
der großen indoeuropäischen Völkerfamilie hat in verschiedenen Abteilungen
sich über Italien verbreitet. Die wichtigsten sind: a. Die Latiner, die