Full text: Lesebuch der Erdkunde

Das brasilische Hochland. 
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Wenden wir uns zuerst zur Betrachtung der natürlichen Verhältnisse des 
Riesenreiches. Die Küsten Brasiliens sind großenteils, namentlich im Norden, 
wenig einladend, meist einförmige Flachküsten und durch brandungsreiche Sandbänke 
fast unzugänglich. An der ganzen Nordostküste bietet nur die Mündung des Amazonen- 
stromes ein nicht zu günstiges Eingangsthor. Die Flußmündungen sind meist durch 
Barren gesperrt. Auch südlich vom Kap San Roqne sind gute Hafenplätze (wie 
Pernambuco und Bahia) nicht häufig. Nur eine kleinere Strecke vom Kap Frio (östlich 
von Rio) bis zum Kap Santa Marta (28s/s0 S. Br.) ist eine treffliche Steilküste 
mit dem wunderschönen Hafen von Rio. 
Und nun landeinwärts ! Der B o d e n f o r m nach zerfällt Brasilien in zwei 
Hauptteile: in das nordwestliche Waldland, die ungeheure Tiefebene am 
Amazonas, von Westen nach Osten wohl 600 M., 4450 km, sich ausdehnend, 
und in das Hochland oder Gebirgsland von Brasilien im Süd- 
osten. Beginnen wir mit der Betrachtung des letzteren, das meist vom Meer durch 
einen schmalen flachen Küstenstrich geschieden ist. Es ist ein ausgedehntes, im Grund 
immer noch wenig erforschtes Gebiet, dem Andensystem an Ausdehnung nicht viel 
nachstehend. (Man schätzt das Gebiet der Anden auf 70000 Q.-M., ca. 4 Mill. qkm, 
das brasilische Hochland auf 60000 Q.-M., 3'/z Mill. qkm.) Es ist ein im Durch- 
schnitt 4—600 m hohes Plateau, auf dem eine Reihe von Bergzügen sich erheben, 
die meist von N.-O. nach S.-W. streichen und im Osten am höchsten sind. Das 
ganze System bildet ein nach Süden sich zuspitzendes Dreieck. Der Ostrand besteht 
aus Urgebirge, besonders Granit und Gneis; im Innern sind breite Schieferplateaus, 
silurische Kalke, und weiterhin Sandsteinmassen aufgelagert, zwischen denen auf 
weiten Strecken wieder das Urgebirge zu Tage tritt. Der Urwald beschränkt sich 
hier mehr auf die Küste und Küstenketten, sowie die Flnßthäler des Innern; die 
Hochebenen im Innern, durch die Randketten der Feuchtigkeit beraubt, tragen mehr 
Savannen und Savannenwälder, Catingas (S. 843). — Im einzelnen lassen sich 
folgende Teile unterscheiden. Die Küste begleitet in einer Länge von fast 600 Ml. 
4500 km ein System von K ü st e n k e t t e n, das im allgemeinen die Wasserscheide 
bildet. Es läßt bloß für die Entwicklung kurzer Küstenflüsse Raum, die den Ver- 
kehr nicht befördern. Nur der Rio S. Francisco durchbricht diesen Gebirgszug 
in Wasserfällen, die ihn für die Erschließung des Innern wertlos machen. Hart 
an der Küste zieht sich im Süden bis in die Gegend von Rio Janeiro die S e r r a 
d o M a r, die bei Rio auch wegen der pfeifenartigen Basaltformen Serra dos 
Orgaos, Orgelgebirge heißt. Höher ist der Zug, welcher weiter landeinwärts parallel 
nlit dem ersten, unter verschiedenen Namen nach Nordosten zieht und dem man de« 
Namen Serra do Espinha?o (Espinjasfo = Rückgrat) gegeben hat. In der 
Serra Manteqneira erheben sich nordwestlich von Rio die höchsten Berge 
Brasiliens, der höchste der Jtatiainssn 2712 m. Weiter westlich folgt eine 
Einsenknng, in welcher der Rio S. Francisco und der Parana ihre Gewässer sammeln 
und, der eine nach N.-O., der andere nach S.-W. führen. Der Francisco und der 
Hauptquellfluß des Parana, der Rio Grande, entspringen beide in nächster Nähe 
von einander im Westen der Serra Manteqneira. Das Hochland westlich von dieser 
Einsenkuug ist bedeutend niedriger und erfüllt die Provinzen Goyaz und Matto 
Grofso. Die Bergzüge (Serra dos Bertentes, Wasserscheidengebirge, hat 
man den Bergzug von Goyaz, Eordillera Geral die niedrigen Verzweigungen 
in Matto Grofso genannt) erreichen im Osten nur noch 6—800 m, im Westen
	        
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