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3u Preußen wurden im J8. Jahrhundert durch die Trockenlegung von
Havelsümpfen und des, Oder-, Warthe- und Netzebruches 2380 qkm ertrag¬
fähiges Land gewonnen und diesem sind in der Mitte des vorigen Jahrhunderts
durch Entwässerung des Gbrabruches und durch Anlegung der Gbrakanäle noch
500 qkm hinzugefügt worden. Zu Anfang des vorigen Jahrhunderts wurde
mit der Trockenlegung des Donaumooses begonnen und nach und nach ein
30 km langer und 2—1(8 km breiter Wiesenstreifen gewonnen. Die Ranali-
sierung des Rheinlaufes ergab 70 qkm neues und 6^0 qkm geschütztes Land
und erhöhte den U)ert des entwässerten Gebietes um ^0 Millionen Mark,
3n den ostelbischen Ländern gibt es viel landwirtschaftlichen
Großbesitz. Dieser erreicht aber bei weitem nicht den Lrtrag, welchen
dieselbe Ackerfläche in den fänden von Kleinbauern ergeben würde.
Schuld daran sind die eigentümlichen Arbeiterverhältnisse. Die Ackerbau-
treibenden sind meistens Unselbständige, welche der Gnade der Gutsherren über-
liefert sind, nichts von der Scholle erwerben können nnd darum auch nichts
besitzen. Diese Leute arbeiten nicht mit der Lust und Liebe und mit dem Erfolg,
mit welchen der selbständige Bauer seinen Acker bebaut.
Die preußische Regierung erwirbt deshalb nach Möglichkeit solche
Großbetriebe, teilt sie in kleinere Güter Und besiedelt sie mit Bauern-
familien. 1
Auch sonst wenden die Regierungen der Landwirtschaft viel Auf-
merksamkeit zu. Das Reich hat Tierseuchengesetze erlassen,
durch welche die Verschleppung ansteckender Krankheiten verhindert
werden soll. Landwirtschaftliche schulen hoher uud nie-
derer Art sind ins Leben gerufen worden; V e v s u ch s st a t i o n e n für
landwirtschaftliche Botanik, Chemie und Bakterienkunde wurden ge-
gründet. Vieh- und Fruchtausstellungen mit Preisverteilungen
finden überall statt um den Lifer unserer Landwirte anzustacheln.
Trotzdem könnten die Erträgnisse der deutschen Landwirtschaft
noch bedeutend gesteigert werden. Nicht überall sind zweckmäßige
Geräte in Verwendung. Nicht überall wird der Dünger sach-
gemäß behandelt, nicht überall der Auswahl geeigneten Saat-
gutes die notwendige Sorge zugewendet. IVeite Landstrecken sind
noch nicht entwässert. Die deutschen Moore bedecken noch eine
Fläche von 20 000 qkm und könnten nach sachverständigem Urteil
fast zur Hälfte dem Anbau zugeführt werden. Die Gbstbaum-
zucht erfährt noch vielerorts nicht die wünschenswerte Pflege; viel
(Ödland könnte mit Obstbäumen bepflanzt werden; an unseren
Straßen wäre noch platz für Millionen von solchen. Durch einen
stärkeren Verbrauch von Hammelfleisch könnte der Schafzucht
Vorschub geleistet und dadurch unsere große Ausgabe für auslän-
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