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besser daran; denn in ihnen wird der geographische Unterricht bis zur obersten
Classe fortgeführt. Daffelbe ist der Fall in den Schullehrerseminaren,
und ich verlange auch hier Berücksichtigung des vergleichenden Momentes.
Denn zugegeben auch, daß in der Volksschule, für die das Seminar vor-
zugsweise Lehrer bildet, der geographische Unterricht es nur mit der Ein-
Prägung der geographischen Elemente zu thuu habe und schlechterdings vom
vergleichenden Momente keinen Gebrauch machen dürfe — was aber übrigens
noch lange nicht als ausgemachte Sache und unumstößliche Wahrheit anzu-
sehen ist, und was ich für meine Person durchaus nicht zugebe — so ist es
doch gewiß nicht in der Ordnung und pädagogisch nicht zu billigen, wenn
die Seminaristen in der Geographie nur in der Weise unterrichtet werden
sollten, wie sie als künftige Lehrer ihre einstigen Zöglinge zu unterrichten
haben. Der Lehrer muß eben mehr wissen, als seine Schüler — das steht
fest, uud der Seminarlehrer würde übrigens sehr traurige Erfahrungen
machen, wenn er seinen 16 — 20 jährigen Zöglingen nicht mehr bieten und
ihnen immer nur das Material vorführen wollte, das schon längst mit ihnen
didaktisch behandelt worden ist, und das sie einst selbst wieder als Lehrer
ihren künftigen Schülern verdeutlichen sollen.
Wenn auch der Seminarzögling einen erdkundlichen Unterricht in der
Weise erhält, wie er ihn — in materiell - quantitativer Beziehung — ein¬
mal als künftiger Lehrer nicht ertheilen soll — in sormell-qualitativer Hin-
ficht, in der Art und Weise der didaktischen Behandlung des Stoffes bleibt
ihm der Seminarlehrer immer Vorbild — und zudem sind eben im Seminar-
unterrichte auch pädagogische und speciell methodologische Lectionen angesetzt,
in denen der Seminarist genugsam erfährt, welches geographische Material
er für den Volksschulunterricht auswählen soll, ans welches heilsame Maß
er diese seine Auswahl zu beschränken hat, und inwieweit er auch das ver-
gleichende Moment im geographischen Unterricht der Volksschule berücksich-
tigeu kann und soll.
Denn daß die faßlichsten Partien aus der vergleichenden Erdkunde in
einfach populärer Weise auch in der Volksschule zur Geltung kommen sollen
— der Ansicht huldige ich allerdings, uud umsomehr muß dann der künftige
Lehrer das Gebiet der vergleichenden Erdkunde überschauen lernen, um so
gründlicher muß er in dasselbe als Seminarist eingeführt werden, da nur
derjenige um fo zweckmäßiger auswählen kann, der einen größeren Ueberblick
über das ganze Gebiet gewonnen hat.
Daß auf den untersten Stufen des Seminarunterrichtes, namentlich in
dem Falle, wenn die Zöglinge, in geographischer Beziehung mangelhaft vor-
bereitet, iu's Seminar eintreten, erst die Elemente der Geographie getrieben
werden müssen, damit die Schüler die geographischen Grundanschauungen
hinsichtlich der Terrain- und politischen Verhältnisse unsres Planeten ge-
Winnen, und daß darum hier das vergleichende Moment noch nicht aus-
gedehnte Berücksichtigung finden kann, liegt auf der Hand. Seminare mit
nur dreijährigem Eurfus werden darum in solchen Fällen wenig Zeit
übrig behalten zur Verarbeitung der Ideen aus der vergleichenden Erd-
künde, ebensowenig wie Gymnasien, in denen nur drei oder vier Jahre
lang Geographie getrieben wird, salls auch in diese Anstalten in geographi-
scher Beziehung mangelhaft vorbereitete Schüler eintreten. Dagegen kann
viel erreicht werden in acht- refp. fünsclassigen Realschulen und Seminaren
Oberländer, geographischer Unterricht. 3. Aufl. 7