Full text: Lektüre zur Erdkunde

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bezeichnen. Kwangsi gehört ganz, jeder der beiden anderen nur zum 
Teil, dem Becken des Hsi-kiang oder Westflusses an. Die wichtige 
Küstenprovinz Kwangtung begreift außerdem die Becken des Pei- 
kiang (Nordfluß), des Tung-kiang (Ostfluß) und einiger Küstenflüsse. 
Sie ist wesentlich Gebirgs- und Hügelland. Ein Teil derselben wird 
durch das Eingreifen des Meeres in einen inselreichen Archipel auf- 
gelöst; in einem anderen Teil sind die Einsenkungen zwischen den Gebirgs- 
gliedern hoch mit Anschwemmungen ausgefüllt, die als breite und dicht 
bevölkerte Talebenen in zahlreichen, weit verzweigten Buchten zwischen 
die Hügel eingreifen, und noch in anderen Teilen waltet wildes Ge- 
birgsland so weit vor, daß der Ackerbau beinahe ausgeschlossen ist. Das 
südliche Klima und reichlicher Regenfall sichern dem Land trotz seines 
beschränkten Ackerbodens reiche Erträgnisse, da in den heißen Tal- 
ebenen leicht zwei bis drei Ernten jährlich erzielt werden können. Neben 
vielen Arten subtropischer Früchte gedeiht das Zuckerrohr, und es wird 
von hier fast der ganze Bedarf Chinas an Zucker geliefert. Reis ist 
die vorwaltende Feldfrucht. Auch werden Tee und Seide gewonnen. Die 
Bevölkerung gehört verschiedenen, unter- und nebeneinander lebenden 
Stämmen an, welche sich durch Idiome, Gesichtsbildung, Hautfarbe 
und zum Teil durch soziale Stellung unterscheiden. Der zivilisierteste 
Stamm, dessen eigentliches Wohngebiet die Stadt Canton mit ihrer 
Umgebung ist, zeichnet sich durch Intelligenz, Unternehmungsgeist und 
Kunstsinn vor allen anderen Chinesen aus. Fast ausschließlich sind die 
Cantonesen im Besitz jener vielbewunderten chinesischen Kunstindustrie, 
welche in Gestalt von tausend kleinen Gegenständen von hoher technischer 
Vollendung seit Jahrhunderten nach Europa kommem Dieser Stamm 
dürfte aus frühen maritimen Kolonisten einer begabteren Rasse hervor- 
gegangen sein. Außerdem gibt es Einwanderer von der Landseite und 
Nachkommen von Urstämmen. Unter den Städten der Provinz nimmt 
Canton den ersten Rang ein. Durch Jahrhunderte war sie der einzige 
Importhafen Chinas für die fremden Güter. 
Das benachbarte Kwangsi ist eine der unbekanntesten Provinzen. 
Es scheint, daß sich in einem Rahmen von höheren Gebirgen der innere 
Teil als ein sanft hügeliges, von roten tonigen Sandsteinen sehr 
jugendlichen Alters aufgebautes Land ausbreitet. Das geschätzteste 
Handelsprodukt ist die Kassiarinde. Die Bevölkerung steht in dem Ruf 
eines niederen Grades der Zivilisation und ist zu Widerstand und Rebel- 
lionen geneigt. Es dürften in ihr fast ausschließlich die Nachkommen 
uransässiger Stämme vertreten sein. 
Zu den interessantesten Provinzen in Hinsicht auf geographische 
Lage und Bodengestaltung gehört Nünnan, wo der östlich gerichtete 
Hsi-kiang und der nach Südosten fließende Hing-kiang (der rote Fluß), 
ebenso wie einige nach Norden gerichtete Zuflüsse des Kin-sha-kiang 
oder Goldsandflusses ihre O.uellgebiete haben, während dieser Strom 
Weigeldt, Lektüre zur Erdkunde. 8
	        
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