Full text: Die Handelswege und Verkehrsmittel der Gegenwart

36 Verkehrswege, welche das Innere der einzelnen Erdteile erschließen. 
III. Verkehrswege, welche das Innere 
der einzelnen Erdteile erschließen. 
Allgemeines. 
Von größter Wichtigkeit für den sog. inneren (oder Binnen-) Berkehr 
sind naturgemäß in allen Ländern die natürlichen oder künstlichen Wasser¬ 
straßen (Flüsse, Seen, Binnenmeere; Kanäle), da ans ihnen die Beförderung 
der Wareu sich weitaus am billigsten stellt, vorausgesetzt natürlich, daß 
die Sendung nicht dringend ist. Das wird z. B. klar, wenn wir wissen, 
daß englische Steinkohlen, von Newcastle zur See durch Nordsee, Kanal, 
Atlantischen Ozean, Straße von Gibraltar und Mittelmeer nach Genna 
gebracht, dort genau soviel kosten als Kohlen aus dem Saargebiet, welche 
auf dem viel kürzeren Landwege auf der Eisenbahn mit Benutzung des 
St. Gotthardtuuuels uach Italien transportiert werden, in Mailand. Die 
Anlegung der Eisenbahn und ihr Betrieb ist eben viel kostspieliger als 
die der Häsen und Leuchttürme; die natürliche Fahrbahn für die Schiffe 
ist ja von der Natur gegeben. Überdies ist der im Schiffe für die Ladnng 
gebotene Raum außerordeutlich groß, und mancher Rheinnachen faßt schon 
die Ladung eines langen Eisenbahnzuges. Betrachten wir z. B. Berlin, 
das infolge seiner günstigen Lage inmitten zahlreicher Flnß- und Kanal- 
Verbindungen die größte Binnenschiffahrt nicht nur des Reiches, sondern des 
ganzen Erdteils besitzt; hier kommen alljährlich über 30000 beladeue Schiffe 
an; die von ihnen angefahrenen Güter (an erster Stelle Mauersteine, 
Dachziegel und Thonröhren, ferner Erde, Lehm, Kies, Holz, Steine nnd 
Steinwaren, Steinkohlen, Cement und Kalk, Roggen) würden über 400000 
Eisenbahnwagens zu ihrer Beförderung erfordern! Freilich ist der Schiff- 
fahrtsverkehr mannigfachen Störungen (Eisgang, Hochwasser, zu niedriger 
Wasserstand) ausgesetzt, er kann überdies nur eiue beschränkte Anzahl von 
Gegenden, Ortschaften berühren, ist iu den Gebirgsländern sogar vollkommen 
ausgeschlossen, uud so hat unzweifelhaft die Eisenbahn heute als Transport- 
mittel wegen ihrer Regelmäßigkeit und Schnelligkeit der Beförderung, ihrer 
dichteren Verbreitung über das Land (in Europa wenigstens und ebenso in 
Nordamerika) die größere Bedeutung, und die Verkehrspolitik hat sich heute 
iu allererster Linie der Vervollständigung des Eisenbahnnetzes zugewandt. 
Aber die Bahn wird niemals den Schiffsverkehr so ganz verdrängen 
können, wie sie überall da, wo sie ihr Netz ausbreitet, die laugen Züge 
der Frachtwagen mit ihrer Umständlichkeit, Kostspieligkeit uud Zeitdauer 
auf den Chausseen zwischen den großen Städten thatsächlich verdrängt 
hat.x) In einigen Ländern, z. B. Amerika, ist der Dampferverkehr auf 
1) Verfasser sah wenige Jahre nach Eröffnung der Gotthardbahn auf der Straße 
Airolo — Faido eine ganze Reihe verfallender großer Gebäude, die von ihren Besitzern 
verlassen worden waren. Die Bahn hatte allen Verkehr an sich gezogen, die Fracht¬ 
wagen blieben aus und damit auch die Möglichkeit des Verdienstes. Freilich sind viele
	        
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