Full text: Österreich-Ungarn, Balkan, Orient (Bd. 1)

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Drei, ja manchmal vier Ernten vermag der Bauer bei guter Bewässerung 
dank dem milden Klima der Tieflandstriche zu erzielen. 
Die Gartenlandschaft läuft bis zum eigenartigen Stadtbild von Ismid, 
dem alten Nikomedien. Seine Häuserreihen füllen die Ebene vom Rande des 
Golfes bis zum Fuße des Rundhügels, der das Flachland abgrenzt, und steigen 
an dieser höhe empor. 
Mitten durch den am Fuße des Hügels sich ausdehnenden Stadtteil, den 
belebten, eleganten Boulevard hamidie entlang, fährt die Bahn. Den mit 
Bäumen bepflanzten Mittelweg nimmt der Schienenstrang ein. Einer Ramel- 
reihe, die unter Schellengeläute dahinzieht und die Rarawanenstraße von 
Angora her schreitet, begegnen wir. Die alte und die neue Zeit ziehen an- 
einander vorüber! 
Seitdem die Eisenbahn die Stadt mit Uonstantinopel in Verbindung ge- 
bracht hat und ihr ermöglicht, den Ertrag der Obst- und Gemüsegärten in 
kürzester Zeit auf den Markt der Hauptstadt zu bringen, hebt sie sich von 
Iahr zu Jahr. Wohlhabenheit und Stattlichkeit verraten Gebäude und 
Bewohner. 
2. Bild: Lskischehr, die Stadt der Meerschaumgruben. 
Eskischehr darf mit Recht die „Stadt des Meerschaums" heißen. An 
keinem anderen Platze der Erde nämlich zeigen sich solche ergiebige und so 
vorzüglich beschaffene Funde dieses Minerals, das, zum Pfeifenkopf oder zur 
Zigarrenspitze verarbeitet, in leicht gebräuntem Zustande das Entzücken so 
vieler Raucher bildet. 
Wenn der Meerschaum aus den Gruben kommt, so ist er durchaus keine 
leichte, gefällige Masse. Eine dicke Lehmkruste umgibt ihn. In diesem rohen 
Zustande kaufen ihn die Händler, die in den Grubendörfern Hausen. In Säcken 
zu etwa 3000 Kilogramm, unsortiert, als unförmige Blöcke erstehen sie den 
Meerschaum von den Arbeitern und bringen ihn nach Lskischehr. Dort ent- 
fernen sie die anhaftende Lehmschicht und ordnen das Material nach vier 
(Qualitäten. Eigentümlicherweise tragen diese vier Sorten die deutschen Namen 
„Lager, Großbaumwolle, Uleinbaumwolle, Kasten!" Die Art der Verpackung 
der verschieden wertenden Stücke hat wohl die Bezeichnung herbeigeführt, 
zugleich auch der Umstand, daß der bedeutendste Abnehmer, der älteste Meer- 
schaumgroßhändler, Herr E., ein Deutscher war. Der Großhändler übernimmt 
die so geordnete, aber noch feuchte Ware. von neuem schätzt und sortiert er 
sie in Dutzende von Wertklassen. Auf den flachen Dächern der Stadt werden 
sodann die Meerschaumklumpen aufgeschichtet, und der Sonne ist die Arbeit 
des Trocknens zugeteilt. Noch einer weiteren mühseligen Behandlung hat sich 
der Meerschaum zu unterwerfen, ehe er nach Europa, hauptsächlich nach Wien 
und Ruhla, ausgeführt wird. Mit groben Tüchern reinigt man die einzelnen 
Stücke, reibt daraus alle Flecken mit feuchten Lappen ab und poliert sie 
endlich mit Flanell und Wachs. Wechselvoll genug ist also die Behandlung, 
die der Meerschaum zu bestehen hat, ehe er überhaupt erst zur eigentlichen 
Bearbeitung gelangte 
Die Gräber, die mit Lebensgefahr in die Erdlöcher kriechen, bleiben bei 
ihrer Arbeit arme Teufel, die Aufkäufer werden bei dem Geschäft recht wohl- 
habend, die Großhändler wachsen zu schwer reichen Herren. Das ist aber nicht 
nur im Orient so.
	        
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