23. Das Neckarthal von Heilbronn bis Heidelberg. 115 
die Gegend lag noch zu fern ab von der großen Völkerstraße, dem Rheine, 
als daß sie nach Verdienst beachtet gewesen wäre. Als aber des Rotbarts 
Bruder Konrad die rheinische Pfalzgrasschast erlangte und sich am Abhänge 
des Heidelberges seine Burg erbaute, da nahm er auch die am Fuße des Ber- 
ges versteckt liegenden Hütten als städtische Ansiedlung in seinen Schutz. Ein 
späterer Pfalzgraf, Rudolf, der Enkel des ersten Habsburgers, stieg weiter 
hinab dem Thale zu; er verließ das alte Schloß des Heidelberges, dessen 
Gipfel noch heutigen Tages zur Erinnerung an König Rndolf der Königsstuhl 
heißt, und baute ein neues auf dem Jetteubühl. So machte er den bescheidenen 
Ansang zu der Reihe der großartigen Gebäude, die sich nach und nach daselbst 
erhoben. Denn bis in die Mitte des 17. Jahrhunderts hat fast jeder der hier 
residierenden Pfalzgrafen seinem Kunstsinn in dem Bau irgend eines Teiles 
des Schlosses ein Denkmal gesetzt. Die ältesten vorhandenen Teile des Schlosses 
mögen aus dem 14. Jahrhunderte stammen. Noch steht der Ruppertsbau, an 
den Pfalzgrafen erinnernd, der einst die deutsche Königskrone trug; in Trüm- 
mern zwar, doch in wunderbar fchönen, liegt Friedrich des Siegreichen Turm, 
iu welchem er seine in der Seckenheimer Fehde gefangen genommenen Feinde, 
den Grafen von Württemberg, den Markgrafen von Baden und den Bischof 
von Metz, in langer, harter Haft hielt. Den schönsten Zuwachs erhielt das 
Schloß durch den Pfalzgrafen Otto Heinrich 1556 im prächtigen Otto - Hein¬ 
richsbau, und nicht minder mächtig wirkt der um 1600 errichtete Friedrichsbau. 
Das herrliche Schloß hat nur wenige Jahre in seiner ganzen Schönheit 
geprangt. Schon der dreißigjährige Krieg rüttelte daran, am meisten aber 
hatte es zu leiden, als zur Zeit Ludwigs XIV. die Franzosen die Pfalz ver- 
wüsteten. Sengend und brennend brachen sie unter der Führung Melacs in 
die blühenden Gefilde dieses Gaues ein. Heidelberg sank in Asche uud auch 
der Prachtbau seines Schlosses sollte zerstört werden. Plündernd verteilten sich 
die französischen Horden in den weiten, fchönen Hallen, und nachdem sie die 
beweglichen Schätze derselben teils weggeschleppt, teils vernichtet hatten, trugen 
sie Brennstoffe zusammen, um die Gebäude den Flammen zu übergeben. Bald 
schlugen dieselben aus den Fenstern und vernichteten mit gefräßiger Zunge, 
was kunstliebende Hände feit Jahrhunderten erbaut hatten. Doch noch viel zu 
gering erschien den Barbaren die Vernichtung durchs Feuer. Die festgefügten 
Quadern, die für eine Ewigkeit bestimmt zu sein schienen, konnten nur durch 
die Gewalt des Pulvers auseinander getrieben werden. Nach unsäglicher Mühe 
ist es den Franzosen gelungen, den Turm am Eingang ins Schloß zu sprengen. 
Er barst in der Mitte seiner Höhe, und der obere Teil fiel umstürzend in den 
Schloßgraben. Hier liegt er nun noch auf derselben Stelle und erregt die Be- 
wunderung jedes Beschauers. Er ist in seinen Trümmern unendlich schöner 
und malerischer, als er wohl je in den Tagen seines Glanzes gewesen sein 
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