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C. An deutschen Flüssen, 
Kleidern findet reißenden Absatz, und der „Palenz" (Branntwein) wird in 
nicht geringen Mengen genossen. Kommt der Abend heran, dann ist es vor- 
bei mit dem Wendentnm in Kottbus, und die Stadt zeigt wieder ihren deutschen 
Charakter. — Die wendischen Bauern wohnen in Häusern, die zum Teil noch 
das alte wendische Gepräge tragen. Das Gebäude, welches im ganzen ein 
Blockhaus darstellt, hat einen Unterbau von rohen Steinen. Über den Fenstern 
bemerkt man sast immer eine eigentümliche Überbrückung durch Holzbogeu. Tritt 
man in die Flur eiu, welche mitten durch das Haus geht, so hat man rechts 
die Ställe, liuks die Wohnstube (stwa), hinter der sich noch eine kleine Stube 
befindet. Der große Kachelofen (kachlje), hinter dem sich ein höchst warmes 
Plätzchen, die „Hölle", befindet, heizt Stube und Stäbchen und reicht auf die 
Flur hinaus, Ivo er als Herd dient. Eine Treppe oder Leiter führt von der 
Flur uach dem Heuboden hinauf. Die Lebensweise der Wenden ist eine höchst 
einfache. Als Morgenbrot dient eine Suppe; zu Mittag wird ein aus Milch, 
Quark, Mehl und Kartoffeln bestehendes Gericht aufgetragen. In den fandigen 
Niederungen bildet Heidegrütze eine häufige Speise, und aus Heidemehl bäckt 
man die sehr beliebten Plinsen. Fleisch erscheint dagegen nur des Sonntags 
auf dem Tische. 
Eigentümliche Sitten aus alter Zeit beobachtet man bei den Hochzeiten, 
Kindtaufen und Begräbnissen der Wenden. Bei einer wendifchen Hochzeit 
verdient besonders die Figur des „Braschka" Beachtung. Der Braschka stellt 
den Festordner und Hauspriester iu eiu er Person vor: denn er besorgt die 
Werbung, begrüßt die Gäste, weist ihnen die Plätze an, spricht das Tisch- 
gebet, teilt die Speisen aus, nimmt die Geschenke für das Brautpaar in Em- 
pfang und schärft beiden Gatten ihre neuen Pslichten ein. Daß die alten 
Sitten und Bräuche immer mehr schwinden, haben besonders die Eisenbahnen 
und der Militärdienst bewirkt. Im Festhalten am wendischen Volkstum er- 
weisen sich in der sächsischen Lausitz die katholischen Wenden (Klosterbauern) 
zäher als die protestantischen. Die Gutsherrschast iu einem wendischen Dorse 
ist immer deutsch; die Hauptstütze findet das Wendentum in dem Pfarrer. Als 
Ackerbauer kennen die Wenden keinen Unterschied der Stände und haben nie 
einen Adel gehabt. Doch dars nicht verschwiegen werden, daß der Großbauer 
(hm-) sich im Vergleich zu einem Halbhüsner oder Häusler bedeutend höher 
dünkt. Wegen ihres kräftigen Wuchses, ihrer Arbeitsamkeit und Genügsam- 
keit sind die wendischen Bursche uud Mädchen als Dienstboten sehr gesucht. 
Hervorrageude Charakterzüge der Wenden sind ihre Geselligkeit, Heiterkeit, 
Fröhlichkeit. Das heitere, ost ausgelassene Treiben der Jungen und Alten 
kann man aus jedem Jahrmarkte, bei Hochzeiten und Kindtaufen, bei jedem 
Tanzabend im Kretscham (Wirtshaus) beobachten. Während die Volkslieder 
bei anderen slavischen Stämmen (Tschechen, Russen, Slowaken, Serben) eine
	        
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