Full text: Geographische Charakterbilder aus Deutschland (Alpenland, Deutsches Reich und Deutsch-Österreich) (Teil 1)

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Land und Leute. 
mittleren Wintertemperatur zwischen Aachen und Berlin 2,22 0 (der 
Jahrestemperatur 0,77 °), zwischen Aachen und Breslau 3,33 0 
(Jahrestemperatur 1,40°). Ja, bei den mittleren Sommertempera- 
tureu tritt sogar eine Umkehruug des Wärmeverhältnisses ein, so daß 
östlicher liegende Orte von geringerer Jahrestemperatur eine höhere 
Sommerwärme haben. So ist der Sommer von Berlin (14,61 °) 
wärmer als der von Trier (13,9 °). Dies bezieht sich jedoch nur 
aus die drei wirklichen Sommermonate, nicht auf das Sommer- 
semester. In den drei Frühlingsmonaten ist vielmehr das Verhältnis 
ganz anders; denn gerade im nordöstlichen Deutschland ist der Früh- 
ling durch verspätetes Eintreten und verhältnismäßig geringe Wärme, 
mit öfteren Rückfällen der bereits gestiegenen Temperatur, gegen das 
westliche Deutschland ungünstig charakterisiert. Diese Verzögerung des 
Frühlings hängt großenteils, besonders bei den Küstenländern der Ost- 
see, von dem schon oben berührten erkältenden Einflüsse dieses Wasser- 
beckens ab. Die Rückfälle der Temperatur aber, welche sich besonders 
gegen die Mitte des Mai und im ersten Drittel des Juni bemerklich 
zu machen pflegen, scheinen einer allgemeinen Ursache, den durch die 
verschiedenartige Erwärmung der Land- und Meermassen auf der uörd- 
licheu Halbkugel uud das Schmelzen der Eismassen im nördlichen 
Ocean bedingten Luftströmungen oder den Massen des Treibeises in 
den nördlichen Meeren, zugeschrieben werdeu zu müssen. Auch der 
Herbst hat im Nordosten geringere Wärme als im Westen. Aus der 
längeren Dauer und dem größeren Kältegrade des Winters nach Nord- 
osten hin geht ein bedeutender Unterschied im Verhalten der Gewässer 
während des Winters hervor. Der Rhein ist durchschnittlich 26, die 
Weser 30, die Elbe 62, die Oder 70 Tage mit Eis bedeckt. In 
Kleve und Köln sinkt die Wintertemperatnr im Mittel gar nicht unter 
den Gefrierpunkt, in Trier kaum 5 Tage, in Berlin IV2 Monate. 
Aus dem oben erwähnten Verhältnisse ergiebt sich anch, daß der Früh- 
ling im allgemeinen von Südwesten nach Nordosten, der Winter in 
der entgegengesetzten Richtung vorschreitet. Über das Vorschreiten des 
Frühlings hat man Beobachtungen gemacht, teils nach dem Erscheinen 
der Zugvögel, teils nach den Lebensäußerungen der Vegetation, welche 
letzteren jedenfalls die zuverlässigsten sind, da sie in einem viel ent- 
scheidenderen Grade von dem Wärmeverhältnisse des Ortes, an dem 
sie gemacht werden, abhängen, als es bei den erstern der Fall ist. 
Auch die Luftströmungen haben auf das Klima wesentlichen Ein- 
flnß. Ju dieser Beziehung ist es günstig für das Klima Deutsch- 
lauds, daß die südwestlichen Winde vorherrschend sind, welche wärmere
	        
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