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West-Europa.
wie mit glänzenden Perlen gekrönt, stieg die Brandung zur Berges-
höhe hinan und brach dann zusammen an dem felsigen Ufer, gegen welches
sie immer mit neuen Wogen heranstürmte, als wolle sie es in seiner
Grundfeste zerstören. Noch tobender brausten die Wellen an einem,
den Schiffen höchst gefährlichen, quer vor dem Eingang des Hafens
liegenden Felsenriffe.
Erhabeneres hat die Natur nicht aufzuweisen, als diesen An-
blick des in seinen tiefsten Tiefen empörten Meeres. Wir staunten
in stiller Betrachtung und hatten keine Worte für das Gefühl, das
mächtig uns ergriff.
12.
In den Verbergen der Pyrenäen.
— Arthur StclHL —
Man hatte uns so viel von dem Wasserfall von Gavernie
erzählt, daß wir trotz des gleichmäßig rieselnden Regens uns ent-
schlössen, in die Berge einzulenken.
Der Bergweg führt am Bett des Gave hinauf. Der Regen
nährte die kleinen Wasserfälle, welche wie Silberbänder von den Bergen
herabflatterten oder sich durch zerklüftetes Gestein brausend ihren Weg
bahnten.
Die Dörfer wurden seltener uud ärmlicher, die Vegetation spärlich,
dann und wann nur von überhängenden Felsen geschützt noch ein Stückchen
gelblicher Matte. Wie kleine Punkte erschienen darauf die Ziegen und
Schafe uud der Hirt mit seinem weißen Hirtenstab nnd seiner braunen
Kapuze, „Cape" von Ziegenhaar, stand unbeweglich uuter ihnen und
träumte. Denn das ist sein Beruf. Die Arbeit des Hütens nimmt
ihm sein vortrefflicher Hund ab, dessen besonnene Physiognomie eine
wahre Frende ist. Da saß am Rande des Weges eins dieser treuen
Tiere auf dem Mautel und der Hirtentasche seines Herrn, sie zu bewachen,
wer weiß wie viele Stunden schon, und niemand hätte wagen dürfen,
sich ihm zu uäheru.
Wir kamen an die Stelle, welche man das Chaos nennt, durch
einen Bergsturz gebildet. Das Unwetter paßte jetzt zu der Landschaft.
Zu beiden Seiten des Gave waren die Felsen herabgestürzt und, ein
Denkmal der Katastrophe, liegen geblieben, wohin die Gewalt der
Schwere sie gerissen. Ost als riesige Blöcke den Lauf des Flusses