Full text: Geographische Charakterbilder aus Europa (Teil 2)

Alhambra und Generalife. 
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derselben öffnet sich in die entzückende Sala de la Barca. Von hier 
führt ein Gang in den Turm des Comares, in welchem sich die 
Halle der Gesandten, de los Embajadores, befindet. Ich trat hin- 
ein, doch ich warf keinen Blick auf ihre Pracht, ich eilte nach der 
Fensternische der Vorderseite und sog das herrliche Landschastsbild 
trunkenen Auges eiu. Nirgends paart sich Schönheit des Südens und 
Nordens, wie auf diesem Fleckchen der Erde; ein nordischer Laubwald, 
riesige Gletscherfirnen und im Thal und auf dem Fels alle Üppig- 
keit und Pracht tropischer Vegetation. Ich stand an der Balustrade 
uud konnte mich nicht satt sehen. Unten, zu Füßeu des Alhambra- 
berges, rauscht der Darro, kleine malerische Brücken überspannen sein 
enges, steiniges Bett, das von wildem, schäumendem Gebirgswasser 
durchströmt wird. An der Promenade des Darro weiter nach Westen 
hin liegt Granada, eingebuchtet zwischen dem Felsen der Alhambra 
und dem des Albaicin. Letzterer erhebt sich der Alhambra gegenüber. 
Ein Wald von Opuntien hat sich über den nackten Stein gesponnen. 
Tausend und aber Tansende ihrer gelben sonnenblumenähnlichen Blüten 
umweben den Berg gleich einem Goldnetze. Zur Linken sieht man 
in die Bega, die üppig fruchtbare Ebeue von Granada, weiterhin er- 
heben sich anmutige Berge. Vou den Schneegipfeln der Sierra 
Nevada erblickt man hier nichts, aber just in seiner Begrenzung hat 
das Bild einen großen Reiz. Ich trat zurück und überblickte den 
imposanten Raum der Gesandteuhalle. Nenn Bogenfenster öffnen 
sich uach drei Seiteu von ihr, ihre Wände sind so dick, daß diese 
Fenster Nischen bilden. Die gewölbte Decke ist schönste Schnitzarbeit 
aus Lärcheuholz, dessen vergoldete Rippen ans rot und blauem Gruude 
kräftig leuchteu. Am Deckeueiufatz laffeu kleine Fenster wieder Licht 
in die Halle dringen. Ein großes Sternenornament darunter wirkt 
effektvoll. Sprüche aus dem Koran umziehen es friesähnlich. In 
der mittleren Wandnische stand der Thron des Königs. 
Im Westen der Halle gelangt man von dem Myrtenhofe in die 
kleine Moschee der Alhambra. An dieselbe stößt ein maurischer 
Garten, desseu Blüteudust und Sonnenschein durch die Fenster der 
Moschee eindrangen. Doch es war spät geworden; ich ging weiter. 
Eine feierliche Cypreffenallee führte mich zum Thore der Geue- 
ralife. Er war ein Lustschloß uud Sommersitz der maurischen Könige 
und gehört jetzt dem Marchese Pallavicini. Besucht wird der Geue- 
ralife hauptsächlich wegen seiner originellen Gartenanlagen und der 
schöuen Aussicht, die man von ihnen aus hat. Der Garten ist terrassen- 
förmig, in kleine Abteilnugeu getrennt. Wasserfälle uud Fontänen
	        
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