Unter Albanesen,
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gemischtem Baumwuchs bestandenen Hänge, darüber die von kreisenden
Nebeln bedeckten Felskämme nnd Schneefelder. Diese großartige
Natur, welche keinen Raum hat, sich freundlich zu entfalten, spiegelt
ihre Formen in dem rasch dahinpolternden Lim oder auf der glatten
Fläche des Sees von Plava wieder.
Die Entfernung von Gnsinje nach Prisren ist nicht so sehr
groß, doch ist die für den verbindenden Verkehr bestehende Straße nur
ein elender Saumweg uud so augelegt, daß sie fast keiue eiuzige Ort-
schaft berührt. Der Reisende findet an zwanzig Hans (Herbergen)
am Wege, die nicht viel mehr als überdachte Ställe sind und iu
deueu man außer einer Stelle zum Schlafen nur das erhält, was man
für sich uud feine Pferde selbst mitgebracht hat. Der Weg nach Prisren
führt auf den rauhesteu und beschwerlichsten Pfaden, wo der Fuß-
gänger rascher als der Reiter fortkommt, einsam durch das öde Wald-
gebirge. Und um gewisserniaßen die Schwierigkeiten des Fortkommens
noch zu erhöhen, meidet diese Straße den Lauf der Gewässer uud
windet sich bergauf, bergab, wie wenn jemand stets in gerader Richtung
vorwärts schreitend, ein von kurzen Querthälern durchfurchtes Gebirge
überschreiten wollte.
Rechts und links des Saumweges lebt der Stamm der Dnkad-
schin, der iu die drei Bauner Pnka, Halia uud Maljessi zerfällt. Die
Dukadschin bewohnen nicht Städte oder Dörfer, denn sie leben nicht
vom Handel, sondern als echte Älpler, von der Viehzucht; nur wo
ihre kurzen und engen Thäler kleine Flächen darbieten oder die Höhen
der eutwaldeteu Kämme sich gelegentlich zu kleinen Plateaus aus-
dehnen, bauen sie Mais. Kein Dukadschin trägt ein Hemd, aber
jeder eine Flinte. Eine ehemals wahrscheinlich weiß gewesene Jacke
oder ein kurzer Rock aus gröbstem Wollzeng, ein roter, breiter Gürtel
mit zwei oder mehr Pistolen, ein bis ans Knie reichendes Beinkleid,
Strümpfe, Riemen, mit denen er Fuß uud Beiu umwickelt, ein Fes
und eine Flinte — das ist alles, was der Dnkadfchin an uud bei
sich trägt. Kräftig zeigt sich die nackte Brust, und der gebräunte
Leib schimmert oft zwischen Gürtel und Beinkleid hervor. Da die
Kleidungsstücke erst gewechselt werden, wenn sie von selbst absallen, so
sind die meisten Dukadschin sehr zerrissen und bettelhaft anzusehen.
Dagegen sind ihre Waffen immer im besten Zustande, die Pistolen-
und Flintenschäfte oft mit Silber ausgelegt. —
Von Puka, dem Hauptorte des Stammgebietes, steigt der Weg
in östlicher Richtung in das Drinthal hinab, und beim Han Spas
muß man sich entscheiden, ob man den direkten Weg nach Prisren