Full text: Aus dem Deutschen Reiche (H. 1)

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senkrecht aufsteigenden Thalwände mauerartig heraus, und an vielen Stellen 
ragen nackte Felsen hervor. In den von murmelnden Rinnsalen dnrchmessenen 
engen Gründen^) findet sich die Fichte, ans den trockenen Sandsteinflächen 
kommt nur die bescheidene Kiefer fort, und einige Basaltgipfel bedecken auch 
Lanbholzwaldnngen. 
Der Feldbau lohnt sich nur im unteren Teile der Sächsischen Schweiz, 
wo das fortgeführte Material znsammengeschwemmt ist und fremde Bestand¬ 
teile die Oberfläche bilden helfen; aber bei dem sandigen Charakter derselben 
bleibt der Ackerbau häufig noch dürftig genug. 
Außer Land- und Forstwirtschaft stehen den Bewohnern der Sächsischen 
Schweiz noch mehrere Nahrungsquellen zu Gebote. Der Qnadersandstein, 
aus dem das Gebirge aufgebaut ist, ist als Baustein und als Material für 
Bildhanerarbeiten sehr gesucht. 1894 wurden über 175000 cbm versandt. 
Seine Gewinnung, Bearbeitung und Verfrachtung spielt darum eine wichtige 
Rolle in dem wirtschaftlichen Leben der Sächsischen Schweiz?) Bedeutsam ist 
si Die Höhen des Elbsandsteingebirges sind säst überall trocken; denn der poröse 
und von zahlreichen Klüften durchzogene Sandstein läßt für gewöhnlich alles Wasser ein¬ 
sickern. Nur bei stärker geneigter Oberfläche und bei allzugroßem und plötzlichem Andränge 
(nach starken Regengüssen lind zur Zeit der Schneeschmelze) fließt ein größerer Teil des 
Wassers oberflächlich ab, weil dann die Menge des auf einnial zugeführten Wassers zu groß 
ist, als daß der Boden dasselbe ganz fassen könnte. In den zahllosen Schluchten rieselt 
und rauscht es darum überall. Wer die Sächsische Schweiz ui trockener Zeit durchwandert, 
wird allerdings wenig geneigt sein, dem beizupflichten; wer sie aber nach einem starken 
Regengüsse oder zur Zeit der Schneeschnwlze besucht, wird staunen über die unzählbaren 
Wasseradern, die die Schluchten und Thäler durchtosen. 
2) Die Arbeit des Sandsteinbrechers ist durch die Art und Weise, wie der 
Sandstein in der Sächsischen Schweiz gebrochen tvird, und die man als „Hohlmachen" der 
„Wände", d. i. der loszubrechenden Felsenkörper, bezeichnet, überaus beschwerlich und ge¬ 
fährlich. Eine Wand, die man als abbauwürdig erkannt hat, wird an einer weichen 
(faulen) Schicht von vorn unterhöhlt, bis sie das Gleichgewicht verliert und vom Berge 
abbricht („fällt"). Dieses Hohlmacheu reicht bei einer Länge von 16 bis 56 in oft 12 und 
mehr Mieter in den Felsen hinein: es erfolgt aber ans Sparsamkeitsgründen meist so 
niedrig, daß der Steinbrecher nur liegend arbeiten kann, er ruht dabei mit der linken 
Schulter ans einem Strohkissen. So dauert es zuweilen 2 bis 3 Jahre, ehe die Arbeit so 
tveit vorgeschritten ist, daß die Wand niederfällt. Daß Bewegungen in der Wand vor sich 
gehen, kündigt sich oft Tage und Wochen vor dem Falle durch dumpfes, kanonenschnßähnliches 
Knallen im Innern der Felsmasse an („die Wand schreit"). Dies rührt von dem Durch¬ 
brechen der Gesteinsbänke her. Das Senken der Wand merkt man an dem Ächzen unter¬ 
gestellter hölzerner Pfosten von Mannsstärke (Stempel.) Darnach schiebt man Thonpfeifen, 
alte Tassen oder Scherben unter, damit ihr Knirschen oder Zerbrechen jede weitere Be¬ 
wegung der Wand ankündige und den Arbeitern das Zeichen zur Flucht gebe. Sobald sich 
jedoch die Wand wieder gesetzt hat, kehren sie zur Arbeit zurück. Ist die Unterhohlung 
noch weiter vorgeschritten, so werden oben in die entstandenen Spalten Holzkeile eingetrieben,
	        
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