Full text: [H. 1, Abt. 2] (H. 1, Abt. 2)

71 
von Arbeitern in Anspruch genommen, und durch die in ihm 
wachsenden Beeren1) und Pilze wird der Wald zu einem Ernte¬ 
platze, der zeitweilig einer nicht geringen Anzahl von Menschen 
Verdienst gewährt und dadurch ihre wirtschaftliche Lage bessern 
hilft. Was ist aber das gegen die Verarbeitung des den Waldungen 
entnommenen Holzes! So sehr die Neuzeit auch Lohnmüllerei, 
Köhlerei, Pechsiederei und Rußbrennerei beschränkt hat, so sind 
sie doch für einzelne Orte immer noch von Wichtigkeit. In den 
Tälern schallt dem Wanderer das Geräusch der Sägemühlen ent¬ 
gegen, die dem Holze die für den Transport und die Verarbeitung 
bequemere Form geben, und viele Holzstofffabriken sind im Gange, 
um das Holz in einen Rohstoff für die Papierfabrikation u. a. um¬ 
zuwandeln. Die Hauptbedeutung des Holzreichtumes für die an¬ 
wohnende Bevölkerung liegt aber in den fertige Waren liefernden 
Beschäftigungen, die dadurch hervorgerufen worden sind und teils 
als Fabrik-, teils und vor allem als Hausindustrie betrieben werden. 
In Mellenbach, Meuselbach und Ölze ist Kisten- und Schachtel¬ 
macherei2) zu Hause, Zündholzfabrikation in Kursdorf, Masserberg 
und Neustadt, Holzschnitzerei (Haus und Küchengeräte) in Böhlen 
und Kursdorf, Muldenhauerei in Breitenbach, Altenfeld und Gillers¬ 
dorf, Spielwarenfabrikation3) in Breitenbach. 
*) Besonders werden größere Mengen von Heidelbeeren (zum Weinfärben) 
und Preißelbeeren gesammelt und nach den größeren Orten am Fuße oder in die 
benachbarten Städte getragen. In der Nähe der zahlreichen Sommerfrischen 
werden vor allem Himbeeren, Erdbeeren u. dgl. m. gepflückt. 
2) In den genannten Orten allein werden jährlich gegen 40 Millionen 
Schachteln gefertigt, die Kisten nicht gerechnet. Man fertigt Schachteln von 
jeder Größe, „pfenniggroße für Safran, kreuzergroße für Pillen, mittlere für 
Pomade, Wichse und Schwefelhölzer, größere für Arzneigläser; ein gewandter 
Junge vermag in fünf Minuten aus den dazu gespaltenen Brettchen 700 Deckel 
auszumeißeln.“ 
3) Für fast sämtliche Spielwaren ist Thüringen ein Hauptproduktionsgebiet: 
ungemein ausgedehnt ist die Fabrikation von Spielwaren aller Art, von Puppen 
usw. vor allem im Meininger Oberlande (in Sonneberg und dessen Umgebung), 
im Laufe dieses Jahrhunderts hat sie aber auch im nordwestlichen Thüringer 
Walde (in Waltershausen und den umliegenden Ortschaften) tiefe Wurzeln ge¬ 
schlagen. Die „Sonneberger Waren“ mögen sie nun aus Papiermasse, Holz, Ton, 
Glas, Porzellan oder Schiefer bestehen, haben sich die Welt erobert, sie wandern 
nach allen Weltteilen, kein Palast, ¿eine Hütte ist ihnen verschlossen. Nur 
durch die weitgehendste Arbeitsteilung und die aus ihr entspringende staunens¬ 
werte Fertigkeit wird es möglich, viel, gut und fabelhaft billig zu arbeiten. 
Kaum ein anderes deutsches Gebiet hat auf gleichem Raume eine gleich große
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.