Full text: Realienbuch für Berlin und Vororte

Narwa 1700. Karl in Polen 1701—6. 147 
Kampfgewühl kam. Die Rnssen waren schlecht disciplinirt 
und mißtranten ihren fremden Offizieren. Nach dreistündigem 
Kampfe schrieen sie über Verrath nnd wandten sich gegen 
ihre eigenen Offiziere, von denen mehrere niedergemacht 
wnrden, andere zu den Schweden flohen. Jetzt kapitnlirte 
der linke Flügel, und am andern Morgen auch noch der 
30,000 M. starke rechte Flügel. Die Offiziere wurden Ge¬ 
fangene und übergaben alles Gepäck und Geschütz; die Ge¬ 
meinen jagte Karl fort, weil er sie kaum als Soldaten achtete 
und er sie doch nicht alle ernähren konnte. Als der junge 
königliche Held unter dem Jubel der Menge in Narwa ein¬ 
zog, war sein erster Gang in die Kirche, wo er kniend Gott 
für feinen Sieg dankte; denn er war gleich seinem Ahnen 
Gustav Adolph von frommem, gottesfürchtigem Sinn. 
Peter tröstete sich über feine Niederlage mit den Worten: 
„Ich weißwohl, daß nnsdieSchweden noch oftschlagen werden; 
aber endlich werden sie uns auch siegen lehren". 
Karl hätte den Krieg mit Rußland vielleicht eben so 
schnell beendigen können, wie den mit Dänemark, wenn er 
seinen Sieg sofort gegen Peter verfolgt hätte. Aber der Haß 
gegen August von Polen trieb ihn, den Hauptfeind entkommen 
zu lassen und sich nach Liefland gegen August zu wenden. 
Im Sommer 1701 vertrieb er die Sachsen ans Liefland, 
eroberte den größten Theil Litthanens und drang dann sieg¬ 
reich in Polen selbst ein, alle Friedensvorschläge des Königs 
von sich weisend. August sollte büßen mit dem Verlust seiner 
Königskrone. Nach mehreren siegreichen Schlachten zwang 
er die Polen, auf einem Reichstag feine Entsetzung aus¬ 
zusprechen (1704), worauf ein neuer König nach langen 
Streitigkeiten gewählt ward in der Person des Woiwoden 
von Posen, Stanislaus Leseziuski, eines jungen Mannes 
von schönem Wuchs und bescheidenen Sitten, der sich bei 
Karl in große Gunst gesetzt hatte. 
Im 1.1706 trieb sich Karl seit Februar in den Sümpfen 
und Wäldern von Litthauen herum, um die zum Schutze 
Augusts II. eingerückten Russen zu vertreiben. In der 
schlimmen Winterzeit hatten seine Soldaten unsägliche 
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