Georg-Eckert-Inatttut
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Schulbuchforschung
Braunschweig
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3005/WSS-
Wathematische Geographie und Nftvonomie.
§ 1. Die genaue Gestalt der Erdkugel. Ein sicherer Beweis für
die Kugelgestalt der Erde läßt sich nur durch genaue Messungen auf ihrer Ober-
fläche gewinnen. Erst wenn festgestellt wäre, daß die Meridian- und Äquatorial-
grade überall gleich lang sind, und daß alle Grade eines Parallelkreises gleiche
Länge besitzen, dürfte die genaue Kugelgestalt für erwiesen gelten^). Erdmessungen
sind nun in großer Anzahl und mit großer Sorgfalt ausgeführt worden und
haben ergeben, daß zwar die Breitengrade je eines Parallels gleich lang, die
Meridiangrade am Äquator aber etwas kleiner als in der Nähe der Pole sind,
also vom Äquator nach den Polen hin an Länge zunehmen. Da nun längere
Grade einen größeren Kreis bedingen und die Peripherie bei größeren Kreisen
weniger stark gekrümmt ist als bei kleineren, so ist die Erde an den Polen, wo
die Grade länger als am Äquator sind, flacher, am Äquator ausgebauchter (mehr
konvex). Sie besitzt also nicht streng mathematische Kugelform, sondern ist ein
kugelähnliches, von Pol zu Pol etwas zusammengedrücktes Gebilde, das man als
Sphäroid oder,unter Berücksichtigung des Oberflächenreliefs, als Geoid bezeichnet.
Die Achse dieses Sphäroids ist ungefähr 6 Meilen (43 km) kürzer als der
Äquatordurchmesser.
§ 2. Die Schiverkraft. Solange der Mensch die Erde für eine ebene
Fläche hielt, schien es ihm selbstverständlich, daß die Richtung nach dem Zenith
hin „oben" und nach dem Nadir hin „unten" sei. Nachdem man erkannt hatte,
daß die Erde eine Kugel ist, konnte man sich zuerst kaum vorstellen, daß auch aus
der entgegengesetzten Halbkugel, also „unten", Menschen wandeln könnten, ohne
hinabzufallen. Man bezeichnet die Wesen, über deren Scheitel unser Nadir liegt,
als Gegenfüßler oder Antipoden. Für einen Körper haben jedoch die Ausdrücke
„oben" und „unten" eine andere Bedeutung als für eine Fläche. „Oben" ist bei
der Kugel die Richtung der verlängerten Kugelradien; mithin stehen auf einer
Kugelfläche alle Menschen „oben" und ihre Scheitellinien treffen sich sämtlich im
Kugelmittelpunkte.
^ Die Kraft, welche alles auf der Kugeloberfläche Stehende festhält, wird die
Schwerkraft oder die Anziehungskraft genannt. Sie bewirkt, daß das Lot
zur Erdoberfläche immer dieselbe Richtung einnimmt, welche verlängert den Erd-
*) Die Unebenheiten des Bodens, Gebirge und Thäler, sind im Vergleich zum Erd-
durchmesse so geringfügig, daß sie die wirkliche Gestalt nicht beeinträchtigen. Auf einem
Globus von 1 in Durchmesser dürfte z. B. der höchste Berg der Erde nur als eine Erhebung
von 0,6—0,7 mm Höhe dargestellt werden.
Brust und Berdrow, Geographie für mehrkl. Schulen. III. 1