1. Gedenktage. 177
Zum 9. und 22. Würz.
195. Die Iugendjahre Kaiser Wilhelms J.
1. Die Jugendjahre Kaiser Wilhelms 1. fielen in die Zeit der
schwersten Heimsuchung unsers geliebten Vaterlandes. Er wurde am
28 März 1797 zu Berlin geboren und war der zweite Sohn des
Königs Friedrich Wilhelm III.
Seine Mutter, die unvergeßliche Königin Luise, pflanzte früh—
zeitig Mitleid und Erbarmen in das Herz ihrer Kinder und sah es gern,
wenn diese wohlthätig gegen Arme und Verlassene waren.
Preußens Fürsten sind als gute Regenten auch immer tüchtige Feld—
herren gewesen. Damit sie das
werden konnten, mußten sie von
Jugend auf den Kriegsdienst
lernen. Seine Laufbahn als
Soldat begann Prinz Wilhelm
schon im Jahre 1807. Als
am Neujahrsmorgen die ganze
kbnigliche Familie, die damals
in Königsberg war, dem
geliebten Vater ihre Glück—
wünsche darbrachte, sagte dieser
zu seinem Sohne Wilhelm:
„Da an deinem Geburtstage
vielleicht keine Gelegenheit sein
wird, dich ordentlich einzu—
kleiden, weil ihr nach Memel
müßt, so ernenne ich dich Qaiser Wilhelm I.
schon heute zum Offizier und
habe dir auch eine Uniform anfertigen lassen.“
2. Im Jahre 1808 konnte seine Mutter an ihren Vater über ihn
also schreiben: „Unser Sohn Wilhelm wird, wenn mich nicht alles
krügt, wie sein Vater, einfach, bieder und verständig; auch in seinem
Außern hat er die meiste Ähnlichkeit mit ihm.“ Bis über sein 16. Jahr
hinaus hatte der Prinz einen schwächlichen Körper. Daher ließ ihn sein
Vater beim Beginne des Befreiungskrieges nicht sogleich mit in den
Kampf ziehen. Erst nach der Schlacht bei Leipzig 1813) gestattete der
König dem Prinzen die Teilnahme am Befreiungskampfe. Im Februar
1814 lieferten die verbündeten Truppen in Frankreich dem Feinde eine
Schlacht bei Bar sur Aube (sprich: Bar ßür Ohb in der sich der Prinz
F. Hirts Deutsches Lesebuch. Ausg. U. U. 2
1*8