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Bürger den Scharen des Bischofs entgegen auf der Straße nach
Münder. In der Nähe der Stadt Münder lag dazumal ein Dorf,
Sedemünder genannt; an dessen Stelle steht jetzt eine Papiermühle,
die noch heute den Namen Sedemünder führt; vor etlichen Jahren
bezeichnete anch noch ein Stück Mauerwerk, der alte Turm genannt,
die Stätte, wo früher das Dorf lag. Da entspann sich ein heißer
Kampf, in welchem die Bürgersöhne tapfer stritten, aber dennoch
unterlagen. Keiner wandte sich zur Flucht; viele wurden getötet;
die Mehrzahl aber wurde in die Gefangenschaft nach Minden ge-
führt, und die Stadt war ihrer jungen Verteidiger beranbt.
Sie hat im dreißigjährigen Kriege viel gelitten. Ihre Ein-
wohner hatten sich früh zur evangelischen Lehre bekannt; schon 1540
hatte der Rat der Stadt den lutherischen Pastor Rudols Moller aus
Hannover nach Hameln berufen. Im dreißigjährigen Kriege nun
hatte die Stadt deu König Christian von Dänemark, der den Evan-
gelischen zu Hülfe gezogen war, aufnehmen müssen. Das nahm
Tilly, der feindliche Heerführer, übel uud drohte, die Stadt zu
stürmen. Der König war abgezogen, und die eigne Kraft der
Bürger war zu schwach, den Feinden zu widerstehen. Sie übergaben
ihm daher die Stadt. Tilly zog zwar bald weiter, ließ aber eine
Besatzung zurück, welche den Bürgern zu großer Plage wurde; dazu
hatten diese in 9 Jahren bloß an Kriegssteuern und Brandschatzungen
189 000 Thaler abgeben müssen; es war ihnen fast nichts mehr
geblieben als das arme, vielgeplagte Leben.
Wiederum kamen schwere Tage über die Stadt während des
siebenjährigen Krieges. Bei demselben war Preußen mit Euglaud
wider Österreich und Frankreich verbündet, und da zu jener Zeit
unsere Fürsten Könige von England waren, so wurde auch Hannover
mit in den Krieg gezogen. Da wurde am 26. Juli 1757 die
Schlacht bei Hastenbeck geschlagen, von der wir weiter unten (Nr. 78)
noch näheres berichten. Die Bürger von Hameln hatten sich nnterdeß zu
einer Betstunde versammelt, um Sieg für die Waffen ihrer Brüder
von Gott zu erbitteu. Diese wurden freilich auf dem linken Flügel
zurückgetrieben, fiegteu aber bald wieder, und der französische Feld-
Herr erteilte schon Befehl zum Rückzüge. Der Herzog vou Cumber-
land aber, welcher nnfre Truppen befehligte, hatte wohl das anfäng-
liche Weichen, aber nicht das darauf folgende Vorschreiten seiner
Krieger wahrgenommen; er zog sich vor den Besiegten zurück und
befahl, die Stadl zu übergeben. Nun zogen die Franzosen ein; die
Nikolaikirche wurde zum Lazarett für verwundete Franzosen ein-
gerichtet; aus der Marktkirche wurden die Stühle und Bänke
gebrochen, aus welcheu der Magistrat Bettstelleu verfertigeu lasseu
mußte. Dazu erpreßte der Feind Gelder und fütterte die letzteu
Feldfrüchte ab. Die schönen Wälder, welche der Stadt gehörten,
wurden während des Krieges von Freunden uud Feinden so ver-
wüstet, daß man den Verlust auf 77 000 Thaler schätzte.