Full text: Die Provinz Hannover

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endlich die verschiedenen Inseln wiederum unter einander mit Däm- 
men verband, die ursprünglich nur den Zweck hatten, eine Straße 
zu unterhalten, so bildete sich dadurch ein Kreis, welcher die ein- 
geschlossenen tieferen, mit Wasser ausgefüllten Strecken vom Meere 
abschloß; sie bildeten zuerst Teiche oder Seen, trockneten zu Morästen 
ein uud wurden endlich trocken gelegt und in Ackerfeld umgewandelt, 
da die Erfahrung gelehrt hatte, daß das vom Schlamme des Meeres 
gesättigte Land der höchsten Fruchtbarkeit fähig sei. 
Die Anwendung dieses Verfahrens in größerem Maßstabe ent- 
riß große Küstenstrecken dem wechselhaften Zustande, der sie bald dem 
Meere preisgab, bald auf kurze Zeit zugänglich machte. Die Zeit 
der Urbarmachung vieler unserer Marschen liegt noch in der Erinne- 
ruug unserer Landesgeschichte, wie z. B. die des Landes Wursten 
und seiner Umgebungen. Der Wechsel, dem der Stand des Meeres 
unterworfen ist, muß jedoch auch in Erwägung gezogen werden, um 
so mehr, da dnrch denselben aus einigen Punkten eben so beträchtliche 
Strecken verloren gegangen sind, als auf anderen gewonnen wurden; 
die Anspülung der Flüsse spielt ebenfalls eine nicht unwichtige Rolle 
dabei, denn dieselbe ist so beträchtlich, daß wir noch in den neuesten 
Zeiten Sandinseln, die vor zweihundert Jahren wenig Erheblichkeit 
hatten, in fruchtbare Länderei verwandelt sahen, wie die Elbinsel 
Krautsand. 
Das wesentlichste der Marschen ist also ihre große Fruchtbar- 
keit, die ihnen in höherm Maße durch Niederschläge des Meeres er- 
teilt wird, als dies in dem Hochlande durch das Austreten mancher 
Flüsse geschieht. Eine zweite Eigentümlichkeit derselben bildet das 
Aufschwelleu derselben gegen die Küste zu, statt daß sie uach dem 
allgemeinen Gesetze der Abdachung niedriger liegen müßten als die 
daran stoßende Geest. Dies kommt von der Art ihrer Entstehung 
her; die Dämme, die nach und nach einer hinter dem andern weiter 
gegen das Meer zu gezogen wurden, und der Schlammansatz des 
Meeres, so wie der Niederschlag ausgetrockneter Fluten vermehrten 
und erhöheteu das Erdreich. 
Obenauf liegt iu allen Marschen eine mehr oder weniger srncht- 
bare, zuweileu unergiebige, feste, ans dem Wasser niedergeschlagene 
Erde, Klei genannt. Sie ist bläulich, thonartig, lehmig, mit Tier- 
und Pflanzenstoffen vermischt und liegt bis 1 m hoch. Darunter 
kommt eine dünne Schicht sehr unfruchtbarer, meistens bräunlicher 
oder rötlicher Erde, der Knick, in Ostfriesland Dow oder Dower ge- 
nannt. Dieselbe ist außerordentlich hart, stark von Eisenoxyd durch- 
drungen uud wenig fruchtbar. Meedlaud oder Hammerichsland nennt 
man deu Kuick, welcher von einer leichten, sehr viele Säure enthalten- 
den Erde bedeckt ist. 
Unter dem Knick kommt gewöhnlich eine meistens 1 bis 2 in 
dicke Klcischicht, welche die Marschbewohner durch das sogenannte 
Winterkleien oder Wühlen in die Höhe bringen, wenn die Frucht¬
	        
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