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Die Mannigfaltigkeit der klimatischen und Bodenverhältnisse auf
engem Räume hat in dem Schwaben den Sondertrieb (Partikularismus),
verbunden mit einem gewissen Dünkel, daß es in seiner kleinen Heimat
doch am besten in der ganzen Welt sei, besonders zur Entwicklung
gebracht, und zwar nicht allein den Stammespartiknlarismns, sondern
jede Landschaft, jede kleine schwäbische Stadt hat noch ihren aparten
Lokalpatriotismus für sich. Die schwäbische Sage ist reich an Necke-
reien, die eine Stadt der anderen, ein Dorf dem anderen bietet.
Namentlich sind es die alten Reichsstädte, die sich gegenseitig Spott-
namen beilegen, welche in dem Volkswitz von Generation zu Generation
fortleben. So nennt man die Riedlinger „Sonnenspritzer"; denn sie
fuhren mit Spritzen auf, um das Abendrot zu löschen, als die Abend-
sonne aus die Fenster einer Brauerei schien; bei anderen heißen sie
die „Mohrenbleicher"; denn sie wuschen einstmals lange an einem
Mohren, auf daß er weiß werden sollte. Die Emeringer sind die
„Mondfänger"; denn sie wollten einst den Mond im Wasser fischen,
ob er gleich immer und immer wieder ihrem Netz entschlüpfte. Die
Ulmer kamen bei ihrem Münsterbau dereinst in große Verlegenheit,
weil sie sich vergebens bemühten, einen langen Dachbalken in der
Quere durch das enge Stadtthor zu bringen. Da sahen sie, wie ein
Spatz einen Strohhalm am Ende faßte und ihn so der Länge nach in
sein Nest zog. Da wußten sie auf einmal Rat und sie setzten aus
Dankbarkeit dem Spatz ein kolossales Denkmal von Stein ans den
First des Münsterdachs. Dieser alte Spatz ist längst zerbröckelt; ein
neuer hat seinen Platz gleich hinter dem Hauptturme auf der Stange
des Blitzableiters gefunden. Hier können wir ihn sitzen sehen, als
ein Sinnbild weniger der Ulmer Weisheit, als des schwäbischen Volks-
Humors, der die eigene Thorheit belacht.
Der schwäbische Dichter Uhland hat übrigens dem alten Neckwort
„Schwabenstreiche" eine Deutung gegeben, mit welcher die Urheber
derselben wohl zufrieden sein können. Er erzählt in seinem Gedichte
„Schwäbische Kunde", wie auf der Kreuzfahrt des Kaisers Friedrich
Rotbart, als das Kreuzheer im gelobten Lande viele Not gelitten, ein
schwäbischer Ritter sein Rößlein, krank und schwach, hinter dem Heeres-
znge am Zaume nachgeführt habe. Da sei plötzlich ein Haufe von
fünfzig Türken gegen ihn vorgebrochen, habe seine Pfeile nach ihm
abgeschossen und Spieße nach ihm geschleudert. —