344 Afrika. V. Südafrika. 
das kaum erkennbare Getümmel des belebten Hafens, von dem jedoch kein 
Ton bis in die stillen Regionen des hohen Standpunktes dringt. 
Darüber hinaus breitet das unendliche Meer in ernster Majestät sich 
aus, von keiner entlegenen Insel unterbrochen, ein glatter Spiegel, da seine 
uie schwindende Bewegung und die entfernteren Schiffe von dieser Höhe dem 
unbewaffneten Auge nicht sichtbar sind. Auf der entgegengesetzten, dem 
Festlande zugekehrten Seite steigen im Nordosten die Gebirgsketten empor, 
die das Innere und seine sandigen, oft unbewohnbaren Wüsten von den 
fruchtbaren Gegenden zwischen den niederen Hügelreihen und an der Küste 
trennen. Ihre Gipfel sind durch die winterlichen Regengüsse in vielfache 
Zackeil zerrissen, und ihre Seiten starren in der ganzen trostlosen Dürre, die 
in allen warmen uud trockenen Klimaten die Formationen des Sandsteins 
bezeichnet. Weiter nach Südosten treten bewaldete Berge hervor und an 
ihrem Fuße die zweite große Bai des Vorgebirges, Simonsbai, wohin, aus 
Furcht vor den Stürmen der Tafelbai, der Kriegshafen und die Arsenale 
wie man sagt, sehr unpassend — verlegt worden sind. Konstantias Nähe 
deuten sichtbar werdende Stücke von Weingärten an, und endlich beschließt das 
Panorama die nach Süden abfallende, und dort als eigentliches Kap der 
Guten Hoffnung in das Meer hinaustretende Bergkette, auf deren höchster 
Spitze der Beschauer selbst steht. Die einsame Ebene des Tafelberges und die 
unzugänglichen Schluchten seiner Seiten find die Wohnorte zahlreicher Geier 
und Raubvögel, einer in Südafrika überhaupt vorwiegenden Gruppe, weil 
Säugetiere, ihre gewöhnliche Nahrung, dort in vielen Arten vorhanden 
sind. Für Zoologen und Botaniker ist die Ersteigung des Tafelberges uuge- 
mein lohnend. Besonders erwartet eine reiche Ernte die Botaniker, indem 
die bedeutende Höhe des Gipfels die Ansiedlnng mancher Pflanzen gestattet, 
die nirgends weiter vorkommen. Die Geologen haben, seit ihre Wissenschaft 
eine gediegenere Grundlage erhalten hat, die Gebirge der Kaphalbinsel mit 
um so größerem Interesse in das Auge gefaßt, je mehr manche der dort 
beobachteten Lagerungen der Gebirgsarten eigentümlich, und deu anderwärts 
bewährten Theorien widersprechend schienen. Durch einen Schiefer, da¬ 
zwischen gemeinem Tonschiefer und Gneis in der Mitte steht, hat irgendeine 
gewaltige Revolution Streifen und Gänge von dichten Granitmassen hin- 
durch getrieben und eiue sonst wohl nirgends in gleicher Größe vorkommende 
Vermengung erzeugt zwischen Älterem und Neuerem. Weißer Saudstein 
bildet die Decke des großen Würfels. Nicht minder ist der Tafelberg durch 
ein physikalisches Phänomen*) berühmt, das schon die Aufmerksamkeit der 
ältesteu Seereisenden auf fich zog uud unter dem Namen des Tafeltuches be¬ 
kannt ist. 
Gewöhnlich ragt der platte Gipfel unverhüllt in die reine blaue Atmo- 
sphäre, aber wenn ein Südostwind weht, erzeugt er auf ihm eine Wolke von 
großer Dichtigkeit und eigentümlicher Schönheit. Gewaltige Massen von 
schneeweißen Dünsten bilden sich innerhalb weniger Minuten aus; sie drängen 
*) Erscheinung.
	        
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