Über die Wasserfälle des Grinoco beiKtures und !Naqpures. 17 
Während der fünf Tage, welche wir in der Nähe der 
Katarakte zubrachten, war es auffallend, wie man das Getöse 
des tobenden Ztroms dreimal stärker bei Nacht als bei Tage 
vernahm. Bei allen europäischen Wasserfällen bemerkt man 
die nämliche Erscheinung. Was kann die Ursache derselben in 
einer Einöde sein, wo nichts die Ruhe der Natur unterbricht? 
Wahrscheinlich die 5tröme aufsteigender warmer Luft, welche 
durch ungleiche Mischung des elastischen mittels1) der Fort¬ 
pflanzung des 5challes hinderlich sind, die Schallwellen mannig- 
fach brechen und während der nächtlichen Erkältung der Erd- 
rinde aufhören. 
Die Indianer zeigten uns Spuren von Wagengleisen. 
Sie reden mit Bewunderung von den gehörnten Tieren (Ochsen), 
welche zur Zeit, als hier die Jesuiten ihr Bekehrungsgeschäft2) 
trieben, die Tanots auf Wagen auf dem linken Orinoco-Ufer 
von der Mündung des Tameji zu der des Toparo zogen. Die 
Fahrzeuge blieben damals beladen und wurden nicht wie jetzt 
durch das beständige Stranden und Einschieben auf den rauhen 
Klippen abgenutzt. 
Der Situationsplan, welchen ich von der umliegenden 
Gegend entworfen habe, zeigt, daß selbst ein Kanal vom 
Tameji zum Toparo eröffnet werden kann. Das Tal, in dem 
jene wasserreichen Bäche fließen, ist sanft verflacht. Der Kanal, 
dessen Ausführung ich dem General-Gouverneur von Venezuela 
I) Sie vermittelt durch Schwingung die Übertragung des Tons 
von der Schallquelle zum Ghre. — 2) Seit der mitte des 16. Jahr¬ 
hunderts waren die Jesuiten in portugiesischen wie spanischen Be¬ 
sitzungen tätig und erreichten ähnlich bedeutsame Erfolge wie ander- 
wärts, beispielsweise in Ehina. 5lm Flusse Paraguay wurde ihnen 
sogar ein umfangreiches Gebiet eingeräumt, das keiner Staatsver- 
waltung unterstand. Diese „Reduktionen" blühten, bis zur Zeit der 
Iesuitenverfolgungen in Europa während der zweiten fjälftc des 
18. Jahrhunderts die ITCiffiortstätigfext ein Ende fand. Die Jesuiten 
hatten es verstanden, das individuelle Wohlbefinden der Indianer 
wahrzunehmen und sie zu ergebenen brauchbaren Untertanen zu er- 
ziehen. Die ihre Erbschaft antraten, haben in wenigen Jahren 
die Indianer allen liulturfortschritten entfremdet und wieder zu un- 
steten Wilden gemacht, (vgl. k^elmolt Weltgeschichte Bd. I.) 
Lampe, Zur Erdkunde. 2
	        
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