VII. 
Alfred Kirchhofs. 
Das Meer im Leben der Völker. 
5lus .Mensch und Erde. Skizzen von Wechselbeziehungen zwischen 
beiden". 2. durchgesehene Kuflage. Leipzig 1905, B. G. Teubner. 
S. 15—31. (Unverkürzt.) 
Die einzige absolute Großmacht auf Erden ist das Meer. 
Kus dem Meeresschoß erst ist das Land geboren worden, das 
noch heute in insularer Zerstückelung bloß hie und da den all- 
umfassenden Ozean unterbricht. Nur das Meer bildet zwischen 
der Lufthülle und dem Gesteinspanzer der Erde ein Ganzes, 
und der Hauptsache nach ist die Erde immer noch ein vom 
Ozean umwogter planet/) 5luch den geheimnisreichen Ursprung 
des organischen Lebens werden wir uns als ein folgenschweres 
Begebnis innerhalb der Meeresflut aus jener Zeit zu denken 
haben, da es noch kein Land gab und unzertrennt ein einziger 
Ozean den Erdball umgab als konzentrische Hohlkugel gleich 
der ihn selbst einschließenden der Atmosphäre. Ist aber die 
lveiterentfaltung des irdischen Lebens einheitlich erfolgt, so ent- 
stammen selbst die landbewohnenden Gewächs- und Tierformen 
bis hinan zum Menschen marinen Verfahren. 
Durch lange Anpassung an die Daseinsbedingungen außer- 
halb des Meeres hat sich indessen eine tiefe Kluft herausgebildet 
zwischen land- und meerbewohnenden Geschöpfen. Zwar Flüsse 
und Seen, durch ihre lvassernatur dem Meer wahlverwandte 
Elemente des Landes, verwischen in Ausnahmefällen die sonst 
so streng eingehaltene Grenze des ozeanischen Faunareichs. Manche 
Fische sind wie Kale und Lachse geradezu Doppelwohner in 
1) von den 510 Millionen Quadratkilometer Erdoberfläche sind 
mehr als 362 Millionen vom Meer bedeckt.
	        
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