Full text: Bilder aus dem Lande Braunschweig

17 
20. Eulenspiegel in Braunschweig. 
Auf dem Bäckerklinte in Braunschweig steht an einem Bückerhause 
aus Holz geschnitzt und mit Farben bunt bemalt das Bild eines fröh¬ 
lichen und schalkhaften Gesellen. Er trägt in seinem Arme gar wunderlich 
geformtes Gebäck, auf seiner Schulter aber sitzt eine Eule. Das ist, 
wie jedes Kind dort weiß, der Schelm Eulenspiegel aus Kneitlingen, 
der hier einmal einen seiner Streiche verübt hat. 
Auf seiner Wanderschaft kam Eulenspiegel auch nach Braunschweig 
und gab sich für einen Bäckergesellen aus. Bald fand er Arbeit. Als 
er nun kurze Zeit dagewesen war, sprach der Meister zu ihm: „Geselle, 
heute Abend mußt du allein backen. Ich habe keine Zeit, Dir zu helfen, 
werde aber morgen früh Nachsehen, was du fertig gebracht hast!" 
Eulenspiegel fragte: „Meister, was soll ich denn backen?" Der aber 
sah ihn darüber gar verwunderlich an und antwortete: „Eulen und 
Affen!" Damit ging er fort. Eulenspiegel aber arbeitete die ganze 
Nacht, formte aus dem Teig Eulen und Meerkatzen und buk dieselben. 
Am andern Morgen kam der Meister. Als er nun keine Semmeln 
und Brötchen fand, sondern die wunderlichen Tiere, ward er zornig 
und rief: „Was hast du denn da gemacht?" Eulenspiegel erwiderte: 
„Ich habe Eulen und Affen gebacken, wie ihr mir befohlen habt." 
Da rief der Meister: „Was soll ich damit anfangen? Bezahle mir meinen 
Teig, und dann pack dich hinweg. Dich kann ich nicht gebrauchen!" 
„Ja wohl", antwortete Eulenspiegel, „ich will euch gern den Teig be¬ 
zahlen, wenn ihr mir die Ware geben wollt!" Also bezahlte der 
Schelm den Teig, nahm seine Tiere und stellte sich damit an die Ecke 
der Petrikirche. Bald bemerkten die Kinder, die da spielten, das wunder¬ 
liche Gebäck, liefen herzu und kauften so eilig die Eulen und Meer¬ 
katzen, daß er bald keine mehr hatte. An Geld nahm er mehr dafür 
auf, als er für seinen Teig gegeben hatte. Als das der Bäcker hörte, 
bat er den Gesellen, doch wiederzukommen, aber Eulenspiegel hatte dazu 
keine Lust und zog davon. 
Nachdem Till einen großen Teil von Deutschland durchwandert und 
überall lustige Streiche ausgeübt hatte, starb er ums Jahr 1350 zu Mölln 
im Lauenburgischen. Er liegt dort unter einer Linde begraben, wo noch 
heute sein Leichenstein mit einer Eule und einem Spiegel zu sehen ist. 
V o g e s, Bilder. 
2
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.