Full text: Deutschlands Kolonien

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Deutsch-Südwestasrlka. 
besohlen, aber der unermüdliche Lampe bricht mit einigen Leuten schon 
früher aus und dringt in der Schlucht vor. Kaum ist er zehn Minuten 
fort, da kommt einer seiner Reiter zurückgeeilt und ruft uns schon von 
weitem zu: „Die Geschütze sind in Gefahr. Die Hottentotten greifen 
an!" Zugleich dringt deutlich Geschützdonner an unser Ohr. Sofort 
wird augetreten und im Eilschritt vorgerückt. Die Schlucht windet sich 
in Schlangenlinien durch das Gebirge und wird immer enger. Bald 
hier, bald dort wachsen aus den Bergen felsige Ouerriegel hervor, die 
umgangen werden müssen, und eine Zeitlang marschieren wir in dem 
klaren, schnellfließenden Wasser des Baches, der die ganze Thalsohle aus¬ 
füllt. An einer anderen Stelle wuchert weit übermannshohes Ried und 
Rohr in so dichten Massen, daß man auf vier Schritt seinen Vorder¬ 
mann nicht mehr sieht. Rauschend schließt sich das Dickicht über den vor¬ 
dringenden Mannschaften. Jetzt wird das Gelände freier; weitverästete 
wilde Feigenbäume stehen umher; durch das Wasser, das von Tascheu- 
krebsen wimmelt, sieht man die Räderspuren der Geschütze, und auch die 
Zeichen des stattgehabten Kampfes mehren sich. Ueberall liegen Aus¬ 
rüstungsstücke auf dem Boden und im Wasser verstreut umher, hier ge¬ 
rollte Mäntel, Brotbeutel, Kochgeschirre, Sättel und Decken, dort zer¬ 
brochene Gewehre, weißbezogene Witbooihüte und blutige Lappen. Im 
Vorübereilen erkennen wir deutlich die Stellungen der Unseren an den 
massenhaft umherliegenden Patronenhülsen. Und wieder verengt sich die 
Schlucht; das Rohrdickicht ist hier uiedergebranut, und gurgelnd schießt 
das Wasser um mehrere Pserdekadaver, die mit verglasten Augen und 
bleckenden Zähnen daliegen. Es dämmert bereits, aber an einer kleinen 
Anhöhe vermögen wir die Leichen von drei bis vier Witboois zu er¬ 
kennen, die wohl ein Shrapnel niedergerissen hat. Immer näher tönt 
jetzt auch Gewehrfeuer von vorn, und immer eiliger wird der Marsch. 
Da blitzt etwas Weißes durch die Bäume: zwei gesattelte Schimmel, die 
in der Schlucht weiden. Perbandt und ich schwingen uns sofort in die 
Sättel. .Nach wenigen Minuten taucht ein Soldat vor uns auf: „Leutnant 
Lampe läßt melden, daß er seitwärts, nach Westen zu vorgegangen ist 
und sich bereits im Gefecht befindet. Er bittet noch um sechs Mann." 
— Diese werden im Marschieren abgeteilt, und kurz darauf hört die 
Schlucht plötzlich aus und ein kleiner, von hohen Bergen umgebener 
Thalkessel öffnet sich vor uns, durchtobt von dem sinnverwirrenden Lärm 
eines heftigen Kampfes. Tausendfach hallt jeder Schuß von den mäch¬ 
tigen, düsteren Wänden wieder, und wie brüllender Donner rollt das 
Echo in den Bergen. Im ersten Augenblick vermögen wir uns kaum 
zu orientieren — überall blitzt und kracht es, und die Dunkelheit sinkt 
schon hernieder. Jetzt verlassen wir die Schlucht: „Aufschließen! — So 
breit wie es geht, Schützenlinie formieren!" schallen die Kommandos. 
„Marsch — marsch!" Waffenklirrend bricht die Kompagnie aus dem
	        
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