Entstehung des norddeutschen Tieflandes. 133
eines Meeres der mittleren Tertiärzeit, das sich allmählich _ nach Nord¬
westen zurückzog, nachdem es an seichten Gestaden organische Massen
begraben hatte, aus denen dann mächtige Braunkohlenflöze (Freienwalde
i. d. Mark, Heilsberg in Ostpreußen ic.) und vereinzelte Bernsteinlager
(Samland) entstanden. Die Tertiärschichten, die in der Mioeänzeit durch
lebhafte Krustenbewegungen zu Sätteln und Mulden zusammengeschoben
wurden, zum Teil auch Zerreißungen und Senkungen erfuhren, bilden
auf dem sehr regelmäßigen Untergrund eine die Unebenheit ausfüllende
Decke, so daß die Oberflächenformen des heutigen Flachlandes nur in
großen Zügen die Gestalt des älteren Untergrundes wiederspiegeln.
b) Die diluviale Schuttdecke. Von ganz anderer Bedeutung
für die Landschaftsformen des norddeutschen Flachlandes als die Uneben-
heiten seines Untergrundes sind die diluvialen Schuttmassen, die durch
das skandinavische Inlandeis über die norddeutsche Ebene bis an den
Rand des mitteldeutschen Gebirgslandes abgelagert worden sind. Gleich
dem heutigen grönländischen Inlandeis, das der ganzen Westküste
Grönlands entlang gewaltige Wandergletscher in das Meer versendet,
bedeckte in der Diluvialzeit eine ca. 1000 in mächtige Eismasse, die von
Skandinavien aus sich über das flache Ostseebecken bis zum Rand der
deutschen Mittelgebirge vorschob, das norddeutsche Flachland, das damals
ein mit Seen bedecktes und von Flüssen durchzogenes Gebiet vorstellte.
Aus der Zusammensetzung der Hauptablagerung des Inlandeises, des
mit Sand und Grand durchsetzten Geschiebemergels, eines Produktes
der Grundmoränen, (1. Untere Sande mit einer Zwischenschicht von
Süßwasserbildungen, 2. Untere Geschiebemergel mit einer Zwischenschicht
von Torflagern, 3. Obere Geschiebemergel) ergibt sich die Thatsache, daß
die Eiszeit für Norddeutschland kein einheitliches Phänomen darstellt,
sondern daß drei Perioden enormer Ausdehnung des skandinavischen
Inlandeises, 1. eine ältere von geringer Ausdehnung, 2. eine mittlere
mit gewaltiger Verbreitung über ganz Norddeutschland und 3. eine
jüngere mit der Südgrenze: Niederschlesien, Oberlausitz, Elbethal,
anzunehmen sind. Da die Oberslächensormen jedes Gebietes ihrer
Entstehung nach auf die letzte Eisbedeckung zurückzuführen sind, die
das betreffende Gebiet erfahren hat, so ergibt sich von selbst, daß die
älteste Eiszeit als diejenige mit dem wenigst umfangreichen Areal ohne
jeden Einfluß auf die heutige Oberflächenform des von ihr dereinst
eingenommenen Gebietes geblieben ist, daß die südlichen Randgebirge des
ostelbischen Flachlandes und das westelbische Tiefland ihre Oberflächen-
formen der Haupteiszeit, die nördlich von der Linie Hamburg—Mühl-
l>erg—Liegnitz gelegenen Gebiete ihre Gestalt der jüngsten Eiszeit verdanken.
Bei den Sedimenten, die auf die ablagernde Thätigkeit des In-
landeises zurückzuführen sind, lassen sich zwei Arten unterscheiden, nämlich
die eigentlichen MoräNeubildungen oder die Ablagerungen, die
direkt vom Inlandeis geschaffen worden sind, und die sluvio-glazialeu
Bildungen, die durch die Schmelzwasser des Eises aus den aus¬