Die Allgäuer Alpen.
nur in dem schiefen Gewölbebogen des Grünten, dessen zu Spitzbogen-
form aufgewölbte Schrattenkalke und Grünsandsteine steil gegen Westen
unter die davor liegenden Flysch- und Molasseschichten einfallen, verrät
sich diese von Süden her wirkende seitliche Bewegung. Dagegen stellen
die südöstlichen Allgäuer Alpen eine Aufeinanderfolge von parallelen
Hebungswellen vor, die zwar im ganzen nach Ostnordost verlaufen, dabei
aber doch gegen Osten etwas divergieren. Der tiefe und auch Verhältnis-
mäßig breite Einschnitt des oberen Lech, der die Ostnordost-Richtuug
genau einhält, ist die natürliche Grenze zwischen den zwei Gruppen der
eigentlichen Allgäuer Alpen, der Parseyer Kette und der Hochvogelgruppe.
Die Hochvogelgruppe läßt vier dolomitische Hebungswellen
und drei dazwischen eingelagerte Liasmnlden erkennen. Zwischen den
beiden nördlicher streichenden Sätteln, der Kette des Eiseler (zwischen
Hinterstein und Schattwald) und der Vilsalpkette, ist die Liasmnlde
nicht tief eingesenkt; daher erscheinen die Dolomit-Gipfel dieser Ketten
(Geishorn, Kugelhorn :e.) nur vom Oftrach- und Vilsthal aus als echte
Zacken bezw. Pyramidenstumpfe. Dagegen zeigen die beiden südlichen
Ketten, die Hochvogel- und die Hornbachkette, die durch das tief
eingerissene Thal des Hornbachs von einander getrennt werden, durch-
aus den Charakter des starren, unnahbaren Hochgebirgs. Mit einer
wohl dem Matterhorn vergleichbaren Steilheit und Eleganz der Form
erhebt sich der Hochvogel (2590 m) fast von allen Seiten und grüßt in
der über dem Hornbachthal gleich schroff aufsteigenden Urbeleskarspitz einen
Genossen, der an Schönheit und Ebenmaß der Form dem „Matterhorn
des Allgäus" wenig nachsteht.
Einen von der Parallelfaltung der Hochvogelgruppe ganz abweichenden
Gebirgsbau zeigt die zwischen dem oberen Lechthal einerseits und dem
Stanzer-, Inn- und Gurglthal anderseits nach Ostnordost ziehende
Parseyer Kette. Dieselbe stellte wohl ursprünglich eine Doppelfalte
vor, in die eine auf dem Kamm der heutigen Wasserscheide verlaufende
Liasmnlde eingesenkt war. Durch einen später erfolgenden gewaltigen
Seitendruck wurde aber die ursprüngliche Südfalte über die nördliche
Hebungswelle so hinausgeschoben, daß das Ganze heute den Eindruck
eines entlang der Heiterwand geborstenen Sattels hervorbringt, an welchem
der an dem Gipfel der Heiterwand zu Tage tretende Wettersteinkalk das
Liegende, die Dolomitschichten an der Wetterspitze und am Nordabhang
des Muttekopss das Hangende bilden. Durch diesen eigenartigen schuppen-
artigen Aufbau der Parseyer Kette ist wohl auch der ungemein geschlossene
Charakter und die verhältnismäßig geringe Schartung derselben bestimmt.
Die Richtung der Thäler in den Ällgäner Alpen ist eine ungemein
mannigfaltige; wohl wiegt im ganzen die Ostnordostrichtung vor, doch
stellen sich daneben häufig genug nordwärts und nordweftwärts gerichtete
Thalstrecken ein, wie an dem Jller-, dem unteren Ostrach- und dem oberen
und unteren Vils-Thal deutlich wahrzunehmen ist. Die letztgenannte Richtung
kehrt auch in mehreren Trockenthälern, wie in dem breiten Nesselwängle