X. Die neuste Dichtung.
Detlev Freiherr von Lilienecron,
geboren 1844 in Kiel, ward Offizier und nahm an den Feldzügen von 1866 und
1870 teil, lebte spãäter als Hauptmann a. D. in Altrahlstedt bei Hamburg, wo er 1909
starb. (Val. Neuland, Teil V, S. 55: Krieg und Frieden; Teil VI. S. 19: Tod in Ahren.)
305. In Erinnerung.
l.Wilde Rosen überschlugen
Tiefer Wunden rotes Blut.
Windverwehte Klänge trugen
Siegesmarsch und Siegesflut.
2. Nacht. Entsetzen überspülte
Dorf und Dach in Lärm und Glut.
„Wasser!“ Und die Hand zerwühlte
Gras und Staub in Dursteswut.
3
Morgen. Gräbergraben. Grüsfte.
Manch ein letzter Atemzug.
Weither witternd durch die Lüfte
Braust und graust ein Geierflug.
306. Erwartung.
1. Auf Turm und Tor und Mauernkranz,
Auf raunende, dunkle Tannen
Fällt Flammenschein und Lichtertanz
Von Fackeln und aus Pfannen.
2. Ein Weib steht an des Söllers Rand,
Es nimmt der Wind ihre Rede:
Mein Trauter zog ins Niederland,
Er zog in blutige Fehde.