Full text: E. Debes' Schul-Atlas für die Oberklassen höherer Lehranstalten

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Erläuterungen zu den Klima-Karten. 
lockert sich die Luft am meisten auf; wir finden vielmehr 
die Gegenden niedrigsten Luftdrucks diesseits des Gleichers 
wesentlich nördlicher: im Inneren Nordamerikas und Asiens. 
Gerade im Sommer, nicht im Winter lagert höherer Luft¬ 
druck über dem Eismeer von der Nachbarschaft der neu¬ 
sibirischen Inseln über Spitzbergen bis nach Nordost-Grön¬ 
land. Gerade im Winter erniedrigt sich der (das ganze 
Jahr über unter dem Mittel bleibende) Luftdruck um Is¬ 
land noch tiefer als zur heifsesten Jahreszeit im südlichen 
Asien. Und Jahr aus Jahr ein bemerken wir über den 
Ozeanen mittlerer, nicht höherer Breiten das Grün des 
„Hoch"; hier um 30° (in den „Rofsbreiten") behauptet 
sich in zwei ellipsenartigen, westöstlich gedehnten Flächen 
der Nordhälfte, in drei solchen der Südhälfte der Erde 
ein Maximumgebiet des Drucks gegen und über 765 mm, 
wenn auch die Landflächen gleicher Breite zu Minimum¬ 
gebieten des Drucks werden; zur kühleren Zeit der be¬ 
treffenden Erdhälfte verschmelzen dann diese Maximum¬ 
flächen der Ozeane, sich erweiternd, mit den höhere Luft¬ 
druckgrade zu dieser Zeit erhaltenden Landflächen ihrer 
Nachbarschaft und teilweise über sie hinaus auch mit¬ 
einander. 
Die Luftströmungen erblicken wir in offenbarer Ab¬ 
hängigkeit vom Luftdruck. Alles regelt sich nach dem 
Gesetze Buys Ballots: die Luft bewegt sich vom 
Räume des höheren nach dem des niederen Drucks 
und schwenkt dabei auf der Nordhalbkugel rechts, 
auf der Südhalbkugel links ab. 
Die fünf Rofsbreiten-Maxima der Ozeane bewirken 
folglich anticyklonale Luftbewegung d. h. zentrifugale (von 
der Mitte nach dem Rande hin). Ganze Schwärme von 
Pfeilen bemerken wir um die Mittelgegend jener fünf 
Anticyklonen geschart in der von dem eben erwähnten 
Gesetz vorgeschriebenen Richtung (denn stets sind die 
Pfeile „mit dem Wind fliegend" zu denken, z. B. ein mit 
der Spitze gen Nordost gerichteter Pfeil bedeutet, dafs 
an der Stelle, auf welcher er verzeichnet steht, Südwest¬ 
wind herrscht). Am dichtesten stehen die Pfeilreihen an 
den dem Äquator zugekehrten Seiten der fünf Anticyklonen : 
sie bezeichnen die Passatstreifen, die des Nordostpassat auf 
unserer Erdhälfte, die des Südostpassat auf der anderen, 
letztere im atlantischen und grofsen Ozean teilweise den 
Äquator ein wenig überschreitend; nur an den Süd- und 
Ostküsten Asiens fehlt der Passat im Bereiche der jahres¬ 
zeitlichen Wechselwinde, der Monsune. Passate sind also 
Dauerwinde von grofser Bedeutung für die Schiffahrt; sie 
wehen ausschliefslich in niederen Breiten, und zwar auf 
den Meeresflächen, ohne beim Übergreifen in die Festlande 
ihre strenge Nordost- bez. Südostrichtung weithin zu be¬ 
wahren. Wo in äquatorialen Breiten Nordost- und Südost¬ 
passat einander sich nähern, schalten sich mehrfach wind¬ 
stille Räume (Gegenden der „Calmen" d. h. Stillen) ein, 
auf unseren Karten mit kleinen Ringeln angedeutet. 
Mit dem Jahreswandel der Sonnen - Zenithbogen von 
der südlichen Hälfte des Tropengürtels in den nördlichen 
und sodann wieder zurück verschieben sich auch jene 
fünf ozeanischen Anticyklonen: sie rücken etwas weiter 
polwärts im Sommerhalbjahr ihrer Erdhälfte, im anderen 
Halbjahr etwas weiter gegen den Äquator. Für Europa 
ist das nordatlantische Maximum bei den Azoren am wich¬ 
tigsten. Es steht in einem ununterbrochenen Wechsel¬ 
verhältnis mit dem nordatlantischen Minimum, welches 
wie jedes Minimum sich in einer cyklonalen Luftbewegung 
(d. h. einer zentripetalen, vom Rande nach der Mitte hin) 
geltend macht. Im Winter liegt der höchste Luftdruck 
des nordatlantischen Meeres im Südwesten der Azoren, 
mithin südwestlich vom subarktischen Minimum zwischen 
Island und dem südlichsten Grönland. Hieraus entstehen 
(unter Rechtsablenkung) jene segenbringenden Südwest¬ 
winde, welche uns Europäern die warme Golfstromluft 
zutragen und Europa ganz besonders zur Winterzeit bis 
• gegen die Uralschwelle hin viel wärmer machen als alle 
übrigen Länder gleicher Breitenlage. Im Sommer er- 
1 blicken wir das nordatlantische Maximum verbreitert und 
so viel nördlicher, dafs es nun die Azoren einschliefst, ja 
mit seinem Nordrand in die Breite des Biscaya-Busens 
vorlangt. Dabei hat sich aber die Höhe seines Luftdrucks 
gemindert, gleichzeitig diejenige im Minimum bei Island 
etwas gesteigert und ist vor allem über Asien die höchste 
Luftauflockerung eingetreten, welche irgend ein Festland 
im Jahreskreislauf erfährt. Demgemäfs sehen wir den 
winterlichen Südweststrom der Luft aus jenem Maximum 
zwar noch auf dem Meere vorhanden, jedoch über Europas 
Boden wesentlich gestört durch die der isländischen stark 
überlegene Ansaugungs-(„ Aspirations-") Kraft der asiati¬ 
schen Cyklone: aus dem Südwest- ist hier gröfstenteils 
ein West- und Nordwestwind geworden. 
Ähnlich weht aus dem nordpacifischen Rofsbreiten- 
Maximum wärmender Südwest hervor; indessen während 
der sommerlichen Nordverschiebung trifft er allein die 
nördlichsten Südseeküsten Amerikas, erst zur Winterzeit 
trägt er bis hinab an das californische Gestade das Beste 
bei zur Temperaturmilderung. Die entsprechenden Nord¬ 
west-, West- und Südwestwinde, welche den südhemisphä- 
rischen drei ozeanischen Anticyklonen entstammen, kommen 
der Landmasse weniger zu gute, denn nur Südamerika streckt 
sich bis in Breiten gleich denen Norddeutschlands hinaus, und 
in äquatornäheren Breiten wirken die kühlen Meeresströme 
längs jenen Westküsten, wie wir schon sahen, als Gegen- 
1 gewicht gegen etwaige Temperaturerhöhung durch Seewinde.
	        
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