I. Nus der deutschen Literatur.
Walter von der Oogelweide.
1. Deutschland über alles!
1. Viele Land' hab' ich gesehen,
auf die besten richtet' ich den Sinn;
aber Leid soll mir geschehen,
brächt' ich je inein treues Herz dahin,
daß ihm wohl gefalle
fremder Lande Brauch.
Trat' ich ein für Schlechtes, wär's ja
töricht auch:
Deutsche Zucht geht über alle.
2. Von der Elbe bis zum Rheine
und zurück her bis ans Ungarland
sind die besten, wie ich meine,
die ich auf der weiten Erde fand.
Weiß ich recht zu schauen,
was des Weibes Zier,
schwör' ich: besser sind die Fraun des
Volkes hier
als wo anders Edelfrauen.
3. Deutsche Männer — zuchtgeadelt,
deutsche Fraun — wie Gottes Engelschar.
Sinnbetört ist, wer sie tadelt,
nicht begreif' ich sonst sein Tun fürwahr.
Zucht und reine Minne,
wer die suchen will,
komm' in unser Deutschland; da ist Wonne viel.
Lange mög' ich leben drinne!
2. Frühling und Frauen.
1. Wenn die Blumen aus dem Grase dringen,
gleich als lachten sie zum Spiel der Sonne
empor im Tau an einem Maientag
und die kleinen Vöglein lieblich singen
ihrer schönsten Lieder junge Wonne,
was gibt es, das uns mehr entzücken mag?
Kappey u. Koch, Deutsches Lesebuch für Mittelschulen. V.
1