fullscreen: Globuslehre, Allgemeine Erdkunde, Länderkunde der außereuropäischen Erdteile und die Weltmeere (mit Ausschluß des Atlantischen Ozeans) (Teil 1)

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fo ist er auch bei dem wolkenlosen Himmel Ägyptens (nur das Delta 
liegt in der subtropischen Zone) durch seine alljährlich regelmäßig 
wiederkehrenden Überschwemmungen der Erhalter des Landes. In- 
folge der tropischen Regengüsse im oberen Nilgebiet fängt der Fluß 
im Monat Juli an zu wachsen und erreicht in der ersten Hälfte des 
Oktober seinen höchsten Stand; dann ist die Zeit der Aussaat, und 
in unsern Wintermonaten ist das Land mit der üppigsten Vegetation 
bedeckt. Bei steigender Wärme und stetig abnehmendem Wasser stehen 
im Frühjahr die Felder leer. Die Bewässerung geschieht in der 
Weise, daß das ganze kulturfähige Land durch Dämme, auf denen 
meist die Ortschaften liegen, in große Bassins eingeteilt ist, in welche 
durch Kanäle und Hebewerke das befruchtende Wasser eingeführt 
und durch Schleusen so lange zurückgehalten wird, bis es nach Be- 
dürsnis gewirkt hat. Die Stütze für die gleichmäßige Bewässerung 
war ehemals der Josephskanal, der bei Keneh sich abzweigt und einst 
in den See Möris mündete, an dessen Ufer der große Reichspalast, 
das Labyrinth, lag. Der See ist jetzt ausgetrocknet; aber das Becken, 
eine Erweiterung der Querspalte der Libyschen Wüste, in welches 
er gegraben war, das Fayum (— 43 m), ist noch wie einst reich 
bewässert und angebaut. In neuerer Zeit sind zur Sicherung der 
regelmäßigen Überflutung große Stauwerke angelegt; eines in Form 
von Brücken bei Kairo, ein zweites bei Affuan als ein ungeheurer 
Damm, der den niedrigsten Wafferftand um 106 m übersteigt. 
Durchweg ist Ägyptens Boden Kulturland; Wald und Wiese 
vermissen wir gänzlich, alles ist Feldflur oder Garten bis an den 
mehr als stundenfernen Rand der Wüste1. Die Felder erzeugen 
Weizen, Gerste, Durrah, Sorghum, Reis und Mais im Delta, Rosen 
und Wein im Fayum, von Faserpflanzen Hanf und Baumwolle; 
die ummauerten Hausgärten sind dicht erfüllt von herrlichen Frucht- 
bäumen: Orangen-, Granat- und Feigenbäumen. Geschätzt wird die 
Suntakazie, deren festes Holz zum Zimmern der Barken benutzt 
wird, und die pilzähnliche Sykomore, die Spenderin kühlen Schattens. 
Überall aber, vereinzelt und in Gruppen, erscheint die Dattelpalme, 
welche durch ihr Holz, ihr Blattwerk und ihre Früchte zu den nutz- 
barsten Pflanzen Ägyptens gehört. 
So ist in den frühesten Zeiten der Boden Ägyptens, der fast ohne Arbeit 
reichliche Ernten trug, und der dadurch den Übergang zum Ackerbau, zu festen 
Wohnsitzen und geordnetem Besitz sehr leicht machte, der abgeschlossen wird durch 
die hohen Ränder der Wüste, welche eine Verdichtung der Bevölkerung unterstützten 
und zum Leben in größeren Gemeinschaften nötigten, die Stätte einer Kultur 
geworden, die die Bewohner mit ihren Segnungen beglückte, die Städte in aller 
Pracht nnd Größe aufblühen, Künste und Wissenschaften aller Art bis zu einer 
sast au die Gegenwart heranreichenden Vervollkommnung in einer Zeit gedeihen 
ließ, als in Europa der menschliche Urbewohner die wilden Tiere noch mit Stein- 
Waffen bekämpfte oder in Höhlen sich verkroch oder in hölzernen Hütten ans dem 
« r* r*1 das Bild: Das Niltal Ägyptens von Berninger-München mit der Erläuterung von 
Kirchhoff und Supan,
	        
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