273] Die deutschen Kolonieen im geographischen Unterrichte. 9
läge zu gewinnen, auf welcher wir die Länder der wilden Völker-
ungehindert betreten, mit ihnen Geschäfte abschließen und Handel
treiben können: Treu' und Glauben. Mit den fortschreitenden
materiellen Bedürfnissen macht sich bei dem Naturmenschen all-
mählich das Verständnis des Wertes der Friedfertigkeit für jedes
Gedeihen geltend. Statt fortdauernder kriegerischer Unruhe und
Unsicherheit tritt das Bestreben nach machtvollem Schutz der er-
rungenen Besitztümer hervor und bildet für angrenzende, der Kultur
bereits gewonnene Gebiete eine starke Schutzmauer. Die Anleitung
zu Acker- und Gartenbau, zu allerlei nutzbringender Thätigkeit
führt die wilden Völker von zügellosem Jäger- und Nomadenleben
zu regelmäßiger Arbeit, regt ihr Nachdenken an, mildert ihre Sitten
und gewährt ihnen die ersten Eindrücke der Zivilisation. Das
Christentum durchdringt mit seinen Lehren und Grundanschauungen
heiligend das Familienleben, verschafft im Gesellschafts- und Volks-
leben den Grundsätzen wahrer Nächstenliebe Geltung, hat Abschaf-
fung der Sklaverei und mancher grausamen Sitten und Gebräuche
im Gefolge, deren selbst bei hochentwickelten heidnischen Kulturvölkern
und um so mehr bei wilden Naturvölkern in Menge angetroffen
wurden und noch werden. War es doch z. B. den Häuptlingen
südafrikanischer Völker unfaßbar, daß, wie die Missionare ihnen
klar zu machen versuchten, in Europa, bzw. in Deutschland, Fürst
und Volk durch daS Baader Liebe mit einander verknüpft sind,
und daß diese Liebe, nicht knechtische Furcht, den Unterthan zur
Erfüllung seiner Pflichten gegen König und Vaterland treibe. Nur
wer es verstehe, sich bei den Unterthanen in Furcht und Schrecken
zu setzen, meinten sie, könne diese zu Anhänglichkeit und Gehorsam
zwingen.
Die Frage, welche wichtigen Aufgaben Deutschland in seinen
Kolonieen zu lösen hat, bzw. welchen praktischen Wert dieselben für das
Mutterland haben, beantwortet u. a. in kurzer, aber trefflicher Weise
H. Soyaux in seinem unlängst erschienenen Werke: „Deutsche
Arbeit in Afrika" etwa folgendermaßen: Es gehört dazu Unter-
suchung des Landes inbezug auf Bodengestaltung und Bodenbe-
schasfenheit, Erforschung seiner geologischen, klimatologischen und
sanitären Verhältnisse, Untersuchung der Flüsse mit Rücksicht auf
ihre Stromentwickelung und Schiffbarkeit, der Tier- nnd Pflanzen-
Welt hinsichtlich ihrer kolonialzwecklichen Bedeutung, Organisierung
des Handels mit den Binnenvölkern, Anlage von Versuchsstationen