Full text: Auswahl erdkundlicher Charakterbilder

110 
Die deutschen Ostseeländer. 
jederzeit sich bemüht hat, durch das Frische Hass einen 
Anteil am Seeverkehr zu gewinnen. Aber für diesen 
war unvergleichlich glücklicher veranlagt die Nachbarin 
des westlichen, direkt ins Meer mündenden Weichsel- 
armes: Danzig. . . . 
Unter allen Städten Deutschlands dürfen mit 
Danzig an Ehrwürdigkeit und harmonischer Schönheit 
der historischen Physiognomie nur Nürnberg uud Lübeck 
sich vergleichen. Aber deren Erhaltung ist selbst schon 
ein Anzeichen, daß die Flutwelle des Lebens, die den 
vormaligen Vorort des preußischen Quartiers der Hansa 
eine Zeitlang zur ersten Stelle unter den Handelsplätzen 
des baltischen Südufers emportrug, von einer Ebbe der 
Entwicklung abgelöst worden sein muß. 
Der Anschluß an Polen verwickelte die Stadt nnver- 
meidlich mich in den Niedergang dieses Staates. Ver- 
armt und entkräftet, fiel sie endlich in Preußens Hand 
und bat, in ihrer Handelswirksamkeit nicht nur durch die 
russische Grenze, sondern auch durch den verschärften 
Wettbewerb von Königsberg und Stettin beengt, nur 
langsam neue Kraft gewonnen. Auch ein Naturvorgang 
griff störeud eiu. Die Weichsel, welche früher ihre Haupt- 
wassermasse an der Nordseite der Stadt vorbeiführte und 
nordwestlich von ihr bei Neufahrwasser mündete, durch- 
brach 1840 östlicher bei Neusähr die Dünen und schuf 
sich eiue neue, vou Danzig entfernt liegende Mündung. 
Der Wasserbaukunst gelaug es, selbst aus dieser Kata- 
strophe Nutzen zu ziehen. Der alte Weichselarm ward 
nun unweit Neufähr durch ein Schleusentor geschlossen, 
sein östlicher Teil zu einem großen Hasen, sein westlicher 
zu einem Seekanal ausgestaltet, durch deu die Schiffe 
vom Vorhafen Nenfahrwasser einzulaufen vermochten; 
die Ausbaggerung der durch die Stadt fließenden Mott- 
lan bis auf 4,5 in gestattete ihnen das Eindringen bis 
in die Stadt selbst. Neuerdings wurdeu alle diese Vor- 
kehrungen noch vollkommener sicher gestellt, indem man 
das Weichselhochwasserbett noch weiter nach Osten in einen
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.