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Konstantinopel.
Platz als Repräsentant des Altertums, die Aja Sophia;
daneben noch einige kleinere Kirchen ans alter Zeit;
außerdem noch viele verfallenen Türme, geborstene
Mauern, rauchgeschwärzte Gewölbe, aus dem Boden
starrende Fundamente, Hügel und Hansen von Weltschutt,
Ruinen und Trümmer, welche nicht mehr Zeugen der
einstigen Herrlichkeit Konstantinopels sind, bloß noch
Lengen seines großen, tiefen Falles, Totengebeine des
großen byzantinischen Leichnams, der nach jahrhunderte-
langem innerlichen Verwesungsprozeß schließlich auch
nach außen zerfiel und zerbarst.
Wir finden sie zerstreut, diese Gebeine und Ruinen,
über alle sieben Hügel hin; ringsum ist die StaM mit
ihnen besäumt. Am Ufer des Goldenen Horns find die
letzten Reste der einstigen UmWallung ins Meer ver
funken; aber von der Serailspitze an können wir sie noch
verfolgen am ganzen Ufer des Marmara-Meeres hin.
Tie neue Bahn, welche die erste große Bresche in die
hohe Mauer und die streng verschlossenen Geheimnisse
des Serails gebrochen hat, folgt ganz der alten Forti-
fikationslinie. Welch ein Leichenzug der Weltgeschichte
an diesem Meeresufer hin! Welch ununterbrochene Reihe
von Leichensteinen und Totendenkmälern des byzan
tinischen Reiches — diese morschen Mauern und zerrisse
nen Türme! Welch ein Leichnam der Architektur
diese Trümmer des justinianischen Purpurpalastes, von
welchem die kaiserlichen Prinzen den Namen Pnrpnr
geborene (Porphyrogeueti» erhielten! Der große Zug
bewegt sich einem Festungswerke entgegen, an welchem
verschiedene Jahrhunderte gebaut haben, der halb ver-
fallenen Zwingburg der sieben Türme, Nediknle. Hier
ist noch zu sehen die goldene Psorte, das Triumphtor,
durch welches die Kaiser nach siegreichen Feldzügen in
die Stadt zurückkehrten, dreiteilig, noch mit dem Mono-
gramm Christi geschmückt, von kolossalen Pylonen aus
Marmorquadern flankiert, jetzt vermauert. Auch die
mohammedanische Zwingburg ist verlassen und verfallen;