Das Ende des Mittelalters. 339
twvvvuWYVivvwuuiwmuuimummnuvmmvniuivwvui
¿cine seinem Gegner nicht mehr ins Auge sah, sondern dem Zu¬
fall überlassen mußte, ob seine Kugel das Schicksal des Tages
entscheiden helfe, oder ohne Wirkung im leeren Raume sich ver¬
liere; nachdem er sich immer mehr als ein Werkzeug der Berech¬
nung des Heerführers hingebcn mußte, und des letzteren Kunst
und Verstand als die Quelle der Entscheidung zu gelten anfing;
da mußte der Geist des Ritterthums durch die neue Kriegsweise
vernichtet werden. Jenes stützte sich auf die höchstmögliche Aus¬
bildung der persönlichen Kraft, und dieselbe gab dem Einzelnen
ein solches Uebergewicht, daß ein ganzer Haufe gemeiner Fu߬
knechte gegen den überall geharnischten Mann auf seinem gepan¬
zerten Streitrosse nicht zu bestehen vermochte; nun aber konnte der
feigste Mann den tapfersten Ritter mit seiner Büchse ans der
Ferne erlegen. Mit äußerster Erbitterung des Gemüthes eiferte
lange Zeit der Adel gegen die neue heimtückische, unehrliche Waffe;
endlich, da sie die Oberhand gewonnen hatte, zog er sich immer
mehr vom Kriegswesen zurück.
Doch ging auch diese Veränderung nicht schnell vor sich. Noch
lange nach Erfindung des Schießgewehres, da die Schützen nur
nocb einen kleinen Theil des Heeres ansmachten und das grobe
Geschütz nur bei Belagerungen gebraucht wurde, blieb der gehar¬
nischte Reuterhaufen der Kern der Heere und erhielt sich der Adel
in seiner kriegerischen Erziehung. Die Turniere blieben seine
Hauptfeste, wo der Jüngling schon früh mit der Gefahr spielen
lernte; und alle Verbote der Päpste und Kirchenversammlungen
gegen dieselben, weil sie so gefährlich waren, •— denn oft wurde
auch mit scharfen Lanzen gerennt, — und alle Kirchenstrafen
gegen die Theilnehmer, indem z. B. kein im Turniere Umgekom-
mener Begräbniß in geweihter Erde erhalten sollte, hatten die
leidenschaftliche Vorliebe für diese Feste nicht auszurotten vermocht.
Noch in dem fünfzehnten Jahrhundert findet sich fast kein deut¬
sches fürstliches Geschlecht, welches nicht eins seiner Glieder bei
solchen Kampfspielen verloren hätte. Von dem Markgrafen Al-
brecht von Brandenburg, den man den deutschen Achilles
nannte, wird erzählt, er habe bis siebenzehnmal scharf gerennt,
und selbst der Kaiser Marimilian hat es mehreremale gewagt. So
erzählt der Geschichtschreiber des östreichischen Hauses, Fugger,
wie auf dem Reichstage zu Worms 1495 ein französischer Ritter,
Elaudius Barre, erschienen sey und die ganze deutsche Nation
zur Probe der Waffen herausgefordert habe. Kaiser Marimilian
ließ sich das Recht für die Ehre seines Volkes zu streiten nicht
nehmen und überwand den fremden Ritter, nachdem das Rennen
mit den Lanzen unentschieden geblieben war, mit dem Schwerdte.
So wie dieser Kaiser der letzte der eigentlich ritterlichen Kai¬
ser ist, und wie sein Zeitalter überhaupt das Mittelalter beschließt,
so erscheint in einigen seiner Zeitgenossen, wie z. B. in Götz von
Bcrlichingen, Franz von Sickingen und Ulrich von Hutten, noch
einmal der Kampf der alten Herrlichkeit ihres Standes gegen den
22 *